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Hochschulzeitung UNI-INFO

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< Inhalt 12/1995

Nachrichten aus der Universität

Interdisziplinäre Untersuchung des menschlichen Hirns

Sonderforschungsbereich "Neurokognition" für die Universitäten Oldenburg und Bremen

An der Universität Oldenburg wird in Kooperation mit der Universität Bremen der erste Sonderforschungsbereich (SB) eingerichtet. Am 28. November 1995 stimmte als letzte Instanz der Bewilligungsausschuß der Deutschen Forschunsgemeinschaft (DFG) dem Großprojekt "Neurokognition" der interdisziplinär zusammengesetzten Forschungsgruppe beider Universitäten zu.

Sonderforschungsbereiche sind ein exklusives Förderinstrument der DFG, mit dem herausragende, interdisziplinäre und innovative Spitzenforschung an den Universitäten gefördert wird. Der Förderungszeitraum beträgt bis zu 12 Jahre, der jährliche Förderungszuschuß liegt für das Neurokognitionsprojekt bei 2,5 Millionen Mark. Damit werden u.a. 20 wissenschaftliche Nachwuchsstellen geschaffen, die auch für die Lehre wirksam werden.

Präsident Prof. Dr. Michael Daxner wertete die Einrichtung des ersten Sonderforschungsbereichs als weiteren Schritt zu einer ausgeprägten Profilbildung der Universität. Insofern sei der DFG-Bescheid nicht nur für die betroffenen WissenschaftlerInnen selbst, sondern für die gesamte Universität von außerordentlicher Bedeutung und gäbe Anlaß zu großer Freude. Daxner wies in diesem Zusammenhang auch auf die "Organisierten Synergieeffekte" hin. Die Zusammenfassung der Forschungspotentiale der beiden Nachbaruniversitäten auf diesem Gebiet sei beispielhaft und werde die Kooperation in allen Bereiche beflügeln. Das läge ganz im Interesse regionaler Entwicklung.

Sehr positiv wurde der SB auch vom Wissenschaftsrat bewertet. Das Beratungsgremium der Bundesregierung stellte fest, in Oldenburg und Bremen sei in den letzten Jahren ein bedeutender neurowissenschaftlicher Schwerpunkt entstanden. Der geplante SB verspreche deshalb eine auch international bedeutsame Erweiterung und Ergänzung auf diesem Gebiet.

An dem Sonderforschungsbereich sind WissenschaftlerInnen aus der Neurobiologie, der Kognitionsforschung, der Theoretischen Physik, der Psychologie und der Akustik beteiligt. Die Federführung liegt bei dem Neurobiologen Prof. Dr. Reto Weiler (Oldenburg) und dem Hirnforscher Prof. Dr. Dr. Gerhard Roth (Bremen). Das Forschungskonzept - passend zur internationalen Dekade des Gehirns - ist einmalig in Deutschland.

Neurokognition ist eine neue wissenschaftliche Disziplin an der Schnittstelle zwischen zellulärer Neurobiologie und kognitiver Psychologie. Ziel des Projekts ist es, die neuronalen Grundlagen von kognitiven Leistungen zu untersuchen. Kognitive Leistungen umfassen Wahrnehmung, zeitliche und räumliche Orientierung, Lernen, Erkennen, Vorstellen, Planen und Verhaltenssteuerung, d.h. all das, was das Gehirn dauernd macht, um situationsgerechtes Handeln zu ermöglichen. Kognition ist also eine Funktion des Gehirns und muß als ein Ergebnis der neuronalen Prozesse, die in einem Nervensystem ablaufen, betrachtet werden.

Die Sichtweise, daß alles, was der Mensch wahrnimmt und wie er handelt, das Resultat der Interaktionen von Millionen von Nervenzellen ist, setze sich erst langsam durch, erklärte Weiler dazu. Gleichzeitig fehlten aber noch die Konzepte für die wissenschaftliche Analyse der dabei ablaufenden Prozesse. Hier setze der neue Sonderforschungsbereich an.

In insgesamt 15 Teilprojekten wollen die Wissenschaftler die Problematik angehen. Thematische Schwerpunkte werden dabei sein:

- Neurosensorische Prozesse im Anschluß an die peripheren Sinnesleistungen
- Interne Repräsentation der visuellen und akustischen Umwelt und daraus resultierende Verhaltenssteuerung
- Struktur und Funktion neuronaler Bewertungssysteme
- Neuronale Grundlagen der Bedeutungserzeugung und des Bedeutungswandels.

Der Schwerpunkt liege zwar in der Grundlagenforschung, aber von den Erkenntnissen seien Impulse für das Gesundheits- und Bildungswesen zu erwarten, betonte Weiler. Das könne für neue Ansätze in der Rehabilitation von Hirngeschädigten, für die Therapie von Alzheimer-Patienten und auch für die Entwicklung innovativer Lernmethoden von Bedeutung sein.

Eingefahrene Wege müssen verlassen werden

Thea Dückert legt neues Programm der Kooperationsstelle Hochschule-Gewerkschaften vor

Ein umfangreiches und brisantes Programm hat die neue Leiterin der Kooperationsstelle Hochschule-Gewerkschaften, Dr. Thea Dückert, im November vorgelegt. Sie erklärte dazu, gerade jetzt bestehe großer Bedarf bei den Gewerkschaften, neue Diskussionen mit neuen Zielsetzungen zu eröffnen. Die Universität sei besonders geeignet, diesen Prozeß, der zum Verlassen eingefahrener Wege führen müsse, anzuregen und zu fördern.

Wesentlicher Bestandteil des neuen Programms ist aber die Einrichtung eines Kollegs Arbeit und Wissenschaft ab Sommersemester 1996, in dessen Rahmen Gewerkschaftsfunktionäre die Möglichkeit haben, für ein Jahr an der Universität nach einem speziell an ihren individuellen Bedürfnissen orientierten Vorlesungsprogramm zu studieren, um sich besser zu qualifizieren und ggf. neue Perspektiven in die gewerkschaftliche Arbeit zu tragen. Das Kolleg wird am 26. Januar im Rahmen der jährlich stattfindenden Kooperationsbörse gemeinsam vom DGB-Bundesvorsitzenden Dieter Schulte, Wissenschaftsministerin Helga Schuchardt und Präsident Prof. Dr. Michael Daxner aus der Taufe gehoben. Die Kooperationsbörse steht unter dem Thema "Zukunft ohne Gewerkschaften - Gewerkschaften ohne Zukunft?"

Gestartet wurde das neue Programm bereits am 20. November mit einem Workshop zum Thema "Gewerkschaften und Betriebsräte als Krisenmanager", an dem auch der Staatssekretär im niedersächsischen Wirtschaftsministerium, Dr. Alfred Tacke, teilnahm. Dabei ging es in erster Linie um Erfahrungen von ArbeitnehmervertreterInnen, die plötzlich mit Schwierigkeiten ihrer Betriebe konfrontiert werden und oft handeln müssen, ohne über das nötige Wissen und Instrumentarium zu verfügen. Die Koopera-tionsstelle will dabei helfen, Strategien zu entwickeln, damit Betriebsräte auf solche Situationen künftig besser vorbereitet sind.

Ein weiteres brisantes Thema folgt am 6. Dezember: "Privatisierung kommunaler Aufgaben?". Dabei gehe es darum, so Dückert, Risiken und Chancen, die in den Veränderungszwängen für die kommunalen Dienstleistungen lägen, abzuwägen und nach Lösungsansätzen zu suchen. Da die Privatisierung schon voll im Gange sei, mache es auch für die Gewerkschaften kaum Sinn, sich mit einem einfachen Nein ohne Erfolgschancen dieser Bewegung entgegenzustellen. Es gehe vielmehr darum, die unterschiedlichen Modelle zu untersuchen und die Folgen für die ArbeitnehmerInnen, BürgerInnen und Kommunen abzuschätzen. Hauptreferenten sind der Hannoveraner Oberstadtdirektor Jobst Fiedler und der Regierungspräsident von Weser-Ems, Bernd Theilen.

Deutlich wird sich die Kooperationsstelle auch im Umweltschutz engagieren. Von der Bundesumweltstiftung erwartet Dückert die Zustimmung für ein 200.000 Mark-Projekt, in dessen Rahmen Handlungsmöglichkeiten von Betriebsräten bei ökologischem Strukturwandel in den Klein- und Mittelbetrieben der chemischen Industrie der Weser-Ems-Region untersucht werden sollen. Ein Workshop für Betriebsräte zu diesem Thema fand am 30. November statt.

In den Räumen der Kooperationsstelle entsteht ein Archiv über ökologisch orientierte Gewerkschaftsbeschlüsse mit begleitender Literatur, das ab Januar '96 für Universität und Gewerkschaften (ohne Ausleihe) zugänglich ist.

Eröffnung der Jüdischen Studien

In Anwesenheit von Niedersachsens Wissenschaftsministerin Helga Schuchardt findet am Freitag, 8. Dezember 1995, die feierliche Eröffnung des Studiengangs Jüdische Studien statt (11.00 Uhr, Bibliothekssaal). Veranstalter ist der Fachbereich 3 Sozialwissenschaften.

Der Heidelberger Theologe und frühere Universitätsrektor Prof. Dr. Rolf Rendtorff wird zum Thema "Warum Jüdische Studien?" sprechen. Anschließend hält Prof. Dr. Aron Bodenheimer (Tel Aviv/Zürich), Ehrendoktor der Universität Oldenburg, einen Vortrag: "Was der Jude weiß und was der Jude nicht wissen kann". Nach der Ansprache von Helga Schuchardt wird die Oldenburger Rabbinerin Bea Wyler das Schlußwort sprechen. Der Studiengang Jüdische Studien besteht seit dem Sommersemester als Nebenfach im Magisterstudium.

HRZ bietet Hotline

Das Hochschulrechenzentrum (HRZ) hat jetzt für die Computer-Benutzer im Universitätsnetz einen Beratungsservice, eine sogenannte Hotline eingerichtet. Wann immer Schwierigkeiten mit einem Rechner auftreten, sollte zuerst die Hotline unter 798-4011 oder -4012 angerufen werden. Der Service steht von montags bis freitags zwischen 9.00 Uhr und 16.00 Uhr zur Verfügung. Außerhalb dieser Zeiten kann vom Anrufbeantworter oder von der E-Mail (hotline@hrz.uni-oldenburg.de) Gebrauch gemacht werden.

Die Adresse der Universität: https://uol.de

Informationsangebot der Universität im Internet wächst kontinuierlich

Von Alaska bis Australien, von Hawaii bis Java - wer immer sich für die Universität Oldenburg interessiert, findet unter der Adresse https://uol.de im World Wide Web (WWW), einem Informationssystem im weltweiten Computernetz Internet, Informationen über die Universität. Das Angebot ist bislang noch unvollständig, wächst aber doch merklich. Waren im vergangenen Jahr mit den Fachbereichen Physik und Informatik sowie dem Rechenzentrum eher vereinzelte Aktivitäten zu beobachten, so finden sich mittlerweile auf der "homepage", der Hauptseite der Universität, allgemeine Informationen und Hinweise. Die Fachbereiche Mathematik, Biologie und Chemie sowie Sozialwissenschaften und das Fach Psychologie mit den angeschlossenen Instituten präsentieren sich mit einem umfangreicheren Informationsangebot. Die übrigen Fachbereiche stellen Basisinformationen bereit. Ebenso treten die Zentralen Einrichtungen wie u.a. die Bibliothek, das Fernstudienzentrum, die Studienberatung oder das Zentrum für Hochschulsport in die "Internet-Öffentlichkeit". Seit Oktober ist das Uni-Info und das Forschungsmagazin der Universität EINBLICKE sowie aktuelle Pressemitteilungen im Internet zu lesen.

Was vorher nur Fachleuten zugänglich war, dringt nun auch in die weniger technisch orientierten Bereiche der Universitäten vor: Das WWW hält Einzug in immer mehr Bereiche von Forschung und Lehre. Möglich wird dies durch die stark vereinfachte Bedienung der Software bei gleichzeitig gestiegenem Leistungsumfang. So können Texte und Grafiken in ansprechender Weise angeboten werden. Während der Zugang zum Internet früher nur Spezialisten möglich war, genügen heute schon einfachste Grundkenntnisse im Umgang mit dem Computer, um durch die virtuelle Welt der Daten zu "surfen".

Mittlerweile präsentieren sich, mit einigen wenigen Ausnahmen, alle deutschen Hochschulen im Internet. In Anspruch nehmen das Informationsangebot z.B. die MitarbeiterInnen der Hochschulen, StudentInnen in spe auf der Suche nach dem richtigen Studienplatz oder JournalistInnen auf der Suche nach Spezialisten. Die Selbstdarstellung der Hochschulen im Internet trägt damit zunehmend auch zur Imagebildung bei: Die Bedeutung der Präsenz im WWW als Zeichen von Modernität und Aufgeschlossenheit wird zunehmend höher bewertet.

Fachbereiche, die sich im WWW präsentieren wollen oder ihre Informationen vervollständigen möchten, können sich an Volker Burggräf, Dezernat 6, Telefon 798-2456 oder an die Presse & Kommunikation, Telefon: 798-2417, wenden.

Mendelejew kam Vareler Chemiker Meyer zuvor

FB 9 veranstaltete Kolloquium zum 100. Todestag

Kürzlich erinnerte der Fachbereich Chemie mit einem Festkolloquium an den 100. Todestag von Julius Lothar Meyer. Der berühmte Chemiker wurde am 19. August 1830 im friesländischen Varel geboren, wo der Vater Kreisarzt war. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Oldenburg studierte der begabte junge Mann zunächst Medizin in Würzburg und Zürich. 1854 promovierte er zum Dr. med.

Bei einem Studienaufenthalt in Heidelberg lernte Meyer bei Robert Bunsen die moderne Chemie kennen. Nach weiteren Studien in Königsberg und Breslau promovierte er mit einer chemischen Arbeit zum Dr. phil. und habilitierte schließlich 1859 mit einem chemiegeschichtlichen Thema. 1867 nahm er einen Ruf auf den Lehrstuhl für Chemie am Polytechnikum Karlsruhe an. 1876 wechselte er an die Universität Tübingen.

Bereits 1864 hatte Meyer in seinem Buch "Die modernen Theorien der Chemie und ihre Bedeutung für die chemische Statik" 6 Elementgruppen nach ihren Eigenschaften und Atommassen geordnet. Für die 2. Auflage 1868 fertigte er eine Tabelle eines Systems der chemischen Elemente an, das 52 Elemente umfaßte. Die Tabelle wurde aber - aus welchen Gründen auch immer - nicht mit abgedruckt und ist nur handschriftlich erhalten. So kam es, daß Dimitri Mendelejew (1834-1907), sein größter Konkurrent, ihm 1869 mit seiner ersten periodischen Tabelle der chemischen Elemente zuvorkam.

Beide Forscher wurden aber 1882 von der Royal Society in London in Anerkennung ihrer Verdienste um das Periodensystem der chemischen Elemente gleichermaßen mit der goldenen Davy-Medaille ausgezeichnet. Lothar Meyer starb am 11. April 1895 in Tübingen.

Förderung des Nachwuchses

Um die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses im Fachbereich 3 Sozialwissenschaften, aber auch die Forschung zu intensivieren, hat der Fachbereichsrat am 22. Oktober 1995 Mittel in Höhe von über 100.000 Mark zur Verfügung gestellt. Auf Antrag der Institute/Seminare und Fachkommissionen wurden dadurch Vorhaben ermöglicht, die insbesondere Doktoranden zugute kommen sollen. Kernpunkt dieser Förderung ist die Einrichtung einer Nachwuchsstelle 0,5 BAT IIa, die der Fachbereich "leihweise" den Instituten und Seminaren zur Verfügung stellt. Auf diese Weise kann mehr als bisher eine Aufgabe, die den Fachbereichen obliegt, nämlich den wissenschaftlichen Nachwuchs zu fördern, durchgeführt werden. Die Einrichtung eines solchen Forschungspooles sei ein erster Schritt, dem sicherlich weitere folgen müßten, so Dekan Prof. Dr. Rüdiger Meyenberg. Unabhängig hiervon sollen die Anstrengungen verstärkt werden, auch zentrale Mittel für die Förderung des Nachwuchses einzuwerben.

Mitteleuropa - Osteuropa

Als Teil des Projektbereichs "Forum Mitteleuropa - Osteuropa" wird im Wintersemester 1995/96 an der Universität das Historische Seminar in Zusammenarbeit mit dem Bundesinstitut für ostdeutsche Kultur und Geschichte eine Ringvorlesung zum Thema "Migrationen in und aus Ostmitteleuropa" veranstaltet. Die Reihe setzt die seit einigen Semestern stattfindenden Ringvorlesungen zu Themenbereichen aus dem ostmitteleuropäischen Raum fort. - Die historische Migrationsforschung antwortet heute in besonderer Weise auch auf aktuelle Herausforderungen der Wanderungsbewegungen und Eingliederungsfragen. Sie kann aus historischer Perspektive Grundorientierungen und Erfahrungswerte für die Problemfelder von Migration und Integration vermitteln. In der Vorlesungsreihe sollen historische Erfahrungen und aktuelle Probleme des Verhältnisses von einheimischer Mehrheit und zugewanderter Minderheit behandelt werden. (Die einzelnen Vorträge werden im Veranstaltungskalender angekündigt.)

Daxner kritisiert populistische Diskussion um Studiengebühr

Präsident hält Hochschulfinanzierung ohne studentischen Beitrag für nicht möglich

Als unsachgemäß und populistisch hat Universitätspräsident Prof. Dr. Michael Daxner die Reaktion der Politik auf die Diskussion der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) zum Thema Studiengebühren bezeichnet. Es sei völlig falsch, ausgerechnet der HRK ein besonderes Interesse an der Einführung von Gebühren zu unterstellen. Tatsächlich sei die Diskussion nichts anderes als ein Hilfeschrei der Hochschulen an die Politik, endlich Instrumente zu schaffen, die die Hochschulfinanzierung langfristig sicherten.

Auf ihrer November-Sitzung hatte die HRK über ein Papier zur Einführung von Studiengebühren beraten und damit eine heftige Diskussion in Politik und Medien und nicht zuletzt auch bei den StundentInnen ausgelöst. Der Entwurf sah einen Semesterbeitrag von 1000 Mark vor, wurde aber von einer deutlichen Mehrheit letztlich verworfen.

Daxner betonte, es habe lange nicht mehr eine so sachliche und differenzierte Diskussion in der HRK gegeben. Die Rektoren müßten, wenn sie ihrer Verantwortung für Ausbildung, Wissenschaft und Forschung gerecht werden wollten, alle Möglichkeiten diskutieren, um den Hochschulen eine Zukunftsperspektive zu geben. Er selbst halte weder Studiengebühren noch das Hochzinsmodell des Bundeswissenschaftsministers Rüttgers für angemessen. Der Senat der Universität hatte bereits in seiner Oktober-Sitzung Studiengebühren abgelehnt.

Daxner wies weiter darauf hin, daß die Ablehnung der Studiengebühren durch christlich-demokratische und sozialdemokratische Politiker aus sehr unterschiedlichen Interessen erfolge. Während die nordrhein-westfälische Wissenschaftsministerin Anke Brunn sozialpolitische Argumente vorbringe, ohne sich zur Hochschulfinanzierung insgesamt zu äußern, bedauere der bayerische Kultusminister Hans Zehetmair die Diskussion nur deshalb, weil die Einführung von Studiengebühren zur Zeit aus rechtlichen Gründen kaum möglich sei. Es müsse aber allen Akteuren klar sein, daß es mit einem Abwürgen der Diskussion um die Leistungsfähigkeit der Universitäten nicht getan sei. Man müsse sich den harten Realitäten stellen und deutlich machen, daß unpopuläre Wege gegangen werden müßten. Den studentischen Funktionären müsse klar sein, daß sie die letzte Generation von "Expansionsgewinnern" einer beispiellosen sozialen Öffnung der Hochschulen seien. Es mache für die Allgemeinheit einen gewaltigen Unterschied aus, ob sie 350.000 oder 1,8 Millionen Studierende finanziere. Die von den meisten StudentenvertreterInnen geforderte Rundumabsicherung sei völlig illusionär und werde im übrigen unterhalb der Funktionärsebene keineswegs einhellig geteilt, weil vielen Studierenden das Privileg, überhaupt an der Hochschule studieren zu dürfen, bewußt sei.

Wörtlich sagte Daxner:. "Es darf nicht sein, daß derjenige Teil der Bevölkerung, der individuell am wenigsten vom Studium hat, also Leute, die nicht studiert haben und deren Kinder nicht studieren, einen noch größeren Anteil an der allgemeinen Hochschulfinanzierung leistet als bisher." In diesem Zusammenhang sprach sich der Oldenburger Universitätspräsident erneut dafür aus, AkademikerInnen nach ihrem Eintritt in den Beruf stärker durch Abgaben oder Steuern zu belasten.

Querelen um AStA nehmen kein Ende

RCDS: StudentInnenvertretung ignoriert Stupa-Beschluß

Die Hochschulgruppe RCDS/Unabhängige will nach eigenem Bekunden im Studierendenparlament (Stupa) einen Antrag auf Abwahl des AStA einbringen. Der jetzige AStA, der sich aus Vertretern der autonomen und unabhängigen Referate zusammensetzt, war nach zahlreichen Querelen im Sommer gebildet worden.

Nach Angaben des RCDS-Vorsitzenden Andreas Daum hatten sich seine Gruppe, die Grüne Hochschulgruppe (GHG) und die Bündnisliste Juso/Simply Red erstmals gemeinsam für einen Antrag gestimmt, wonach in den offiziellen AStA-Organen künftig auch "andere politische Meinungen Platz finden sollen, um damit die jahrelange Ausgrenzung Andersdenkender zu beenden". Die drei Gruppierungen verfügen zusammen über 31 von 50 Sitzen im Stupa.

Die AStA-Vertreter hätten sich geweigert, so Daum, die "demokratisch gefaßten Beschlüsse" umzusetzen. Der AStA habe sich damit offen gegen eine deutliche Mehrheit im Stupa gestellt, sich politisch isoliert und jede Legitimation verloren. Die logische Konsequenz sei die erneute Abwahl des AStAs und die Wahl einer demokratisch legitimierten Alternative.

Grisu: Verbot des Namens

Der "Gruppe linker SozialdemokratInnen & Unabhängiger" (Grisus) ist vom SPD-Bundesvorstand untersagt worden, den Begriff SozialdemokratInnen zu verwenden. Dieser sei rechtlich geschützt. Bei den Grisus handelt es sich u.a. um StudentInnen, die die Bündnisliste aus Juso-Hochschulgruppe und Simply Red verlassen hatten.

Ringvorlesung zum Nord-Süd-Dialog

Am Montag, 15. Dezember, wird die Ringvorlesung "Wissenschaft und Bildung, Zivilgesellschaft und Arbeitsmarkt in einer zwangsvereinigten Welt" fortgesetzt. Der Politologe Prof. Dr. Claus Dieter König (Universität Marburg) spricht um 20.00 Uhr im Vortragssaal der Bibliothek zum Thema "Zivilgesellschaft in Afrika und Europa". Veranstalter der Vorlesungsreihe ist der "Runde Tisch" zum AusländerInnenstudium beim Akademischen Auslandsamt. Mitveranstalter sind u.a. das Institut für Bildung und Kommunikation in Migrationsprozessen (IBKM) und das Zentrum für wissenschaftliche Weiterbildung (ZWW).

Zentrales Thema Veranstaltungsreihe ist die Verantwortung der Wissenschaft zum Dialog der Industrienationen mit den Ländern des Südens: "Nur durch direkte Begegnungen von Menschen aus Nord und Süd, durch den Ausstausch der Lebenserfahrungen und die Bereitschaft zum 'Von-Einander-Lernen' können Vorurteile abgebaut und das Bwußtsein und die Verantwortung für diese 'Eine Welt' geschaffen und gestärkt werden.", so die Veranstalter.

Studierende wählen Stupa und Gremien

In der Zeit vom 23. bis zum 25. Januar 1996 finden die Wahlen für die Studierenden zu den Kollegialorganen (Konzil, Senat und Fachbereichsräte) statt. Die Wahlvorschläge hierfür müssen bis zum 5. Dezember beim Wahlamt (Mensabereich am Uhlhornsweg, Raum 184) abgegeben werden. Wer per Briefwahl wählen möchte, sollte dies bis zum 16. Januar 1996 beantragen. Außerdem wählen die Studierenden vom 22. bis 26. Januar das StudentInnenparlament neu.

Studentenwerk: Bilanzsumme 76 Millionen

Der jetzt vorgelegte 14. Arbeits- und Geschäftsbericht des Studentenwerks Oldenburg informiert über die verschiedenen Aufgabenbereiche und Leistungen und gibt durch umfangreiches statistisches Zahlenmaterial Aufschluß über die Entwicklung der letzten Jahre. Mit einer Bilanzsumme von 76 Millionen Mark 1994 gegenüber 44,5 Millionen Mark 1992 hat das Studentenwerk seine Position als wichtiger Wirtschaftsfaktor in der Region weiter ausgebaut.

Öffnungszeiten der Bibliothek

Wegen notwendiger Vorarbeiten für den großen Bibliotheksball bleibt die Bibliothek am Uhlhornsweg Sonnabend, 9. Dezember 1995, geschlossen. Zwischen Weihnachten und Neujahr (27.12. - 29.12.1995) ist sie von 10.00 bis 16.00 Uhr geöffnet. In dieser Zeit bleibt die Bereichsbibliothek Carl-von-Ossietzky-Str. geschlossen. Ferner entfällt am Uhlhornsweg die Samstagsöffnung am 30. Dezember 1995.

Neuer Rechner

Die Universitätsibliothek läßt zur Jahreswende ihren neuen Rechner ans Netz gehen. Dieser langerwartete Wechsel führt zu kurzfristigen Änderungen der Ausleihbedingungen. Die Leihfristen werden schon seit dem 22. November auf den 10. Januar 1996 festgesetzt. Der volle Online-Betrieb mit dem alten Rechner endet am Donnerstag, 21. Dezember. Am 2. Januar werden die Daten auf dem neuen Rechner erstmals öffentlich zugänglich sein, der "Normalbetrieb" ist für den 8. Januar geplant. Dann wird der stets aktuelle Online-Katalog auch im Internet weltweit zur Verfügung stehen. Zu erreichen ist er unter: http://www.bis.uni-oldenburg.de.

Ein neuer Fortbildungskurs

Zielgruppe: HochschulabsolventInnen aller Fachrichtungen

Die Universität Oldenburg bietet erneut den Fortbildungskurs "CampusRadio" zum Einstieg in den Journalismus an. Beginn der einjährigen, vom Arbeitsamt geförderten Maßnahme ist der 1. Mai 1996. Veranstalter sind das Zentrum für wissenschaftliche Weiterbildung (ZWW) und die Presse & Kommunikation. Der erste Kurs mit 13 TeilnehmerInnen hatte am 1. Mai 1995 begonnen.

Der Kurs richtet sich an HochschulabsolventInnen aller Fachrichtungen. Journalistische Vorkenntnisse werden nicht vorausgesetzt. Vermittelt werden journalistische Grundlagen in den Bereichen Hörfunk, Zeitung und Fernsehen: Recherchieren, Schreiben, Sprechen, Gestalten. Als DozentInnen stehen erfahrene JournalistInnen aus der Region zur Verfügung. Sie erarbeiten mit den TeilnehmerInnen eine an deren individuellen Möglichkeiten orientierte Ausbildungsstrategie und überprüfen die Ergebnisse im Praktikum bei unterschiedlichen Medien. Kursleiter ist der Dokumentarfilmer Roland Steiner.

Ein wichtiger Bestandteil des Kurses ist die Produktion der Magazinsendung CampusRadio, die von Radio Bremen 2 jeden Mittwoch von 19.10 bis 20.00 Uhr ausgestrahlt wird. CampusRadio ist eine Sendung der Universitäten Oldenburg und Bremen in Zusammenarbeit mit Radio Bremen. Die Beiträge für CampusRadio werden überwiegend von der KursteilehmerInnen erarbeitet werden.

Bewerbungsschluß ist der 31. Januar 1996. Bewerbungen unter dem Stichwort "CampusRadio" sind zu richten an: Presse & Kommunikation der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, 26111 Oldenburg.

Braungart in der Universit&aumlt

Zum Thema "Expo 2000 - ökologische Perspektiven für das nächste Jahrtausend" werden am Mittwoch, 6. Dezember 1995, Prof. Dr. Michael Braungart (EPEA-Umweltinstitut Hamburg) und Arno Schreiber, Oberstadtdirektor von Wilhelmshaven, in der Universität sprechen (18.00 Uhr, Bibliothekssaal). Es handelt sich um eine Veranstaltung im Rahmen der Ringvorlesung "Ökologischer Strukturwandel in der Wirtschaftsregion Nord-West", die weitgehend von Studierenden des Fachbereichs 4 Wirtschafts- und Rechtswissenschaften organisiert wird. Die Ringvorlesung wird von der Oldenburgischen Landesbank finanziell unterstützt. Im Mittelpunkt der Januar-Veranstaltung steht die Meyer-Werft in Papenburg (10.1., 18.00 Uhr, Bibliothekssaal).

Broschüre über Situation der Frauen

Über die Situation von Frauen an niedersächsischen Hochschulen informiert eine Broschüre, die jetzt vom Niedersächsischen Wissenschaftsministerium herausgegeben wurde. Die Broschüre dokumentiert statistische Daten, Übersichten und Fakten und dient als Grundlage für eine zukunftsorientierte Diskussion zur Realisierung des Grundrechts der Frauen auf Gleichberechtigung.

Dramapädagogik im Sprachunterricht

Ein Sommer-Sprachkurs für ausländische DeutschlehrerInnen, veranstaltet vom Institut für Bildung und Kommunikation in Migrationsprozessen (IBKM), machte mit einer Lehrmethode bekannt, die gleichzeitig auch als Medium im Fremdsprachenunterricht eingesetzt werden kann: "Dramapädagogik" - eine Methode, die Kreativität freisetze und spontane sprachliche Reaktionen provoziere, so die VeranstalterInnen. Durch individuelle Erlebnisse der Lernenden in szenischer Aktion ließen sich erfahrungsgemäß Sprachhemmungen, eine der wesentlichen Hürden beim Erlernen einer Fremdsprache, leichter überwinden. Auf diese Weise könnten die Primärziele des Fremdsprachenunterrichts, Wortschatzerweiterung und Kommunikationsfähigkeit, erreicht werden.

An dem Sommerkurs nahmen DeutschlehrerInnen aus Japan, Spanien, Frankreich, Finnland, Polen, Ungarn und den USA teil. Neben dem Hauptthema, Dramapädagogik, ging es bei Fachvorträgen und Exkursionen um die Verbesserung der landeskundlichen Kenntnisse der TeilnehmerInnen.

Gesundheit interdisziplinär

Der Senat der Universität hat der Einrichtung einer "Arbeitsgruppe Interdisziplinäre Gesundheitsforschung" zugestimmt. Ziel ist es, die interdisziplinäre Gesundheitsforschung an der Universität Oldenburg auszubauen. Darüber hinaus will die Arbeitsgruppe mit WissenschaftlerInnen der Universität Bremen sowie den regionalen Gesundheitsverbänden eng zusammenarbeiten, um zu einer Konzentrierung der Gesundheitsforschung im nordwestdeutschen Raum beizutragen. Kontakte bestehen auch zu den niederländischen Universitäten Groningen und Twente.

Während in Bremen inzwischen ein Aufbaustudiengang "Gesundheitswissenschaft/Public Health" eingerichtet worden ist, bestehen in Oldenburg keine derartigen Pläne. Der neuen Arbeitsgruppe gehören bislang WissenschaftlerInnen aus den Fachbereichen 1, 3, 5, 7, 8 und 10 an.

Deutsch exportieren?

Ein Besuch beim Partnerinstitut in Kasachstan / von Wilfried Stölting-Richert

Der Direktflug Akmola-Hannover ist bis auf den letzten der 160 Plätze besetzt, mit Ausnahme meiner Person alle Aussiedler, 750 pro Woche allein aus dem Gebiet Akmola in Nordkasachstan. Der Charterfirma geht für die Auswandererflüge von weiteren zehn Jahren aus. Die Bundesrepublik Deutschland verbessert ihre Alterspyramide - die Rußlanddeutschen fliegen im Zuge der Kettenmigration den Netzen ihrer Verwandten und Nachbarn hinterher. An Bord auf dem siebenstündigen Flug höre ich von den Großeltern bis zu den Enkeln nur Russisch. Die Menschen, die da auswandern, verringern kaum die Zahl der Deutschsprachigen in Kasachstan.

Auf dem Hinflug Hannover-Akmola sind wir in derselben Maschine sechs Fluggäste gewesen. Ich flog im Rahmen des Sonderprogramms zur Förderung der deutschen Sprache in Mittelost-, Südost- und Osteuropa, Programmteil Germanistische Institutspartnerschaften, des Deutschen Akademischen Austauschdienstes. Der DAAD finanziert 1994 und 1995 die Partnerschaft zwischen dem Lehrstuhl für Deutsch an der Universität Akmola (Celinograd) und der Oldenburger Germanistik, d.h. praktisch den Semesteraufenthalt von Studierenden und Lehrenden des Lehrstuhls bei den Lehrenden für Deutsch als Fremdsprache (DaF) im Institut für Bildung und Kommunikation in Migrationsprozessen (IBKM). Im Wintersemester 1994/95 waren es sechs, 1995 werden es fünf sein, meist Kasachinnen. Ihre Konzentration auf DaF ist verständlich - der Lehrstuhl bildet in fünf Studienjahren zur Lehrkraft für Deutsch an den Schulen aus, und das ist eben Fremdsprachenunterricht - unabhängig von der Nationalität der Kinder oder den Etiketten "Deutsch als Muttersprache" bzw. "Deutsch als Fremdsprache". Aber zur Ausbildung der Studierenden gehören auch Literaturgeschichte, Landeskunde der deutschsprachigen Länder, Sprachtheorie; Lehraufenthalte von KollegInnen des Deutschen als Grundsprache hätte Akmola ebenfalls gern gehabt.

Drei Wochen lang habe ich im schulischen Deutschunterricht und in den Veranstaltungen des Lehrstuhls hospitiert. Das kasachstanische Bildungssystem macht aus seiner gegenwärtigen materiellen Not die Tugend des Experiments: da gibt es kasachisch-türkische Lyzeen mit englischer Unterrichtssprache, ein paar Schulen mit Deutsch als Unterrichtssprache, Klassen mit "vertieftem Unterricht" in Chinesisch oder auch Deutsch - vom 2. bis zum 11. Schuljahr mit 4 Wochenstunden oder mehr nach Initiative der Schule. In diese Form werden die durch Aussiedlung kleiner werdenden Lerngruppen mit "Deutsch als Muttersprache" zunehmend umgewandelt, nun aber für Kinder aller Nationalitäten. Die materielle Grundlage des Unterrichts ist mager, das gilt für Lehrbücher wie für Lehrergehälter. Daß Fremdsprachenkenntnisse im "Business" eher den Lebensunterhalt sichern, verzögert den Generationenwechsel der Lehrkräfte und damit der Methoden und Lernziele - in der Praxis; die Richtlinien sind über die Grammatik-Übersetzungsmethode längst hinweg.

Hier liegt die Innovation in den Händen der Lehrerausbildung. Sie ist im Umbruch - auf der Seite der Studierenden, seit dem Wechsel des politischen Systems, durch die Motivation für und gelegentliche Erfahrung von lebendigen Deutschkontakten. Das politisch und methodisch entwertete Unterrichtsmaterial ist noch unzureichend durch neues ersetzt. Lehrende lernen oft erst, mit neuem Material, sprachpraktischem und wissenschaftlichem, hochschuldidaktisch richtig umzugehen. Wer miterlebt, auf welcher völlig unzureichenden Stipendien- und Gehälterbasis diese Innovationsleistungen erbracht werden sollen, kann besser verstehen, daß das Gastsemester in Oldenburg zu den wenigen Anreizen für die Germanisten in Akmola zählt - ideell und materiell. Die vom Oldenburg-Aufenthalt Zurückgekehrten bringen frischen Wind in den Studienbetrieb, durch flüssige Umgangssprache, mitgebrachte Materialien, persönliche Kontakte, hochschuldidaktische und landeskundliche Erfahrungen. Und in deren Mittelpunkt steht immer Oldenburg. Der DAAD-Lektor am Lehrstuhl und Absolvent unserer Universität, Holger Bargen, bringt auch plattdeutsche Lieder bei . . .

Auch in Nordkasachstan ist der Einfluß der auswärtigen Kulturpolitik der Bundesrepublik Deutschland - durch ihre Mittelorganisationen - auf Deutschunterricht und Deutschstudium deutlich bemerkbar. In Akmola ist ein Fachberater für Deutsch der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen stationiert. Lernmaterial liefern Internationes und der Verein für das Deutschtum im Ausland. Unseren Germanistikaustausch finanziert der DAAD. Die daran beteiligten Germanisten dort und hier müssen wissen, daß sie für diese Kulturpolitik funktionalisiert werden und daß diese wiederum nicht ohne Verbindung zum wirtschaftlichen Einfluß des Auslands auf Kasachstan ist. Das ist die eine Seite. Die andere ist die fruchtbare Widersprüchlichkeit dieser Kulturpolitik und die offene Frage, wie sie rezipiert wird. Der lebendige Kontakt mit Bundesdeutschen und Deutschland hilft das naive Bild vom sozial, materiell, ethnisch einheitlichen Deutschland differenzieren; er befähigt KasachstanerInnen dazu, mit den (nicht nur kulturellen) Westimporten kritisch umzugehen. Deshalb sagte ich der Universitätszeitung in Akmola, ich wolle Deutsch nicht exportieren; wo es aber gelehrt wird und gelernt wird, könne unser Austausch das Erlebnis Fremdsprache lebendiger und fruchtbarer machen. Fruchtbar auch für unsere Seite im Austausch: angesichts der Gastlichkeit der Kasachstaner, ihrer Überlebenskunst, ihren spezifischen Entwicklungsmöglichkeiten zwischen Rußland und Mittelasien begibt sich der Oldenburger Gast der Besserwisserei und beginnt selbst zu lernen. In diesem Sinne wünsche ich dem Flug Hannover-Akmola eine stärkere Auslastung.

Übermächtiger Nachbar?

Anfang November besuchte eine Delegation der Noordelijke Hogeschool Leeuwarden (Niederlande) unter der Leitung ihres Präsidenten Dr. Frans Kuipers die Universität. Anlaß war die Erneuerung des Kooperationsvertrages zwischen beiden Hochschulen, der eine fast zwanzigjährige Zusammenarbeit im Bereich der LehrerInnenausbildung festigt und fortschreibt.

In Anwesenheit von VertreterInnen der Fachbereiche 1 und 11 wurden die vielfältigen binationalen Aktivitäten der Vergangenheit gewürdigt, insbesondere das "Oldenburg-Semester" für niederländische GermanistikstudentInnen, Praktika an Oldenburger Schulen, gemeinsame Lehrveranstaltungen und Lehrerfortbildungsmaßnahmen. Verantwortlich waren auf Oldenburger Seite u.a. die Lehrenden Horst Beelen, Prof. Dr. Wilfried Stölting-Richert (FB 11), Dr. Detlef Spindler (ZpB), Dr. Wolf-Dieter Scholz und Dr. Klaus Winter (FB 1).

Die Gespräche konzentrierten sich auf zukünftige gemeinsame Vorhaben. Die Germanistik-Dozentin Gerbrandy äußerte Besorgnis angesichts ihrer Beobachtung, daß niederländische Studierende sich unter Rechtfertigungsdruck gesetzt sehen, wenn sie die Sprache des (über-) mächtigen Nachbarn als Fach wählen. Die Bemühungen um ein tolerantes und ausgewogenes Verhältnis zwischen der Bundesrepublik und den Niederlanden bedürfen offenbar eines Äquivalents an intensiven Informations- und Begegnungsmöglichkeiten der Bürger, insbesondere der jungen Menschen. Ein neu initiiertes Aktionsprogramm der Niederlande, Flanderns und der Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen stellt zu diesem Zweck bedeutende finanzielle Mittel bereit.

Hierdurch ermutigt planen die Kooperationspartner Leeuwarden und Oldenburg neue Initiativen:

- deutsche StudentInnen sollen verstärkt zu Studienaufenthalten in den Niederlanden angeregt werden;
- weitere Fächer sollen an der Zusammenarbeit teilhaben;
- ein Aufbaustudiengang für niederländische DeutschlehrerInnen mit "Oldenburger Anteilen" und dem Ziel einer Bi-Diplomierung könnte eine neue Dimension der gemeinsamen Arbeit einleiten.

Torún-Bande besonders eng

Zweitägiges Symposion zum 15jährigen Bestehen

Mit der Unterzeichnung der Jahresplanung für das kommende Jahr sind die Unsicherheiten über das Fortbestehen der Kooperation mit der Nikolaus Kopernikus Universität Torún endgültig ausgeräumt. Darauf wiesen Vizepräsidentin Ina Grieb und Prof. Dr. Friedrich W. Busch im Anschluß an ihren Besuch in Polen hin und kündigten an, daß das 15jährige Bestehen der Beziehungen im kommenden Jahr mit einem zweitägigen Symposion über die Rolle und die Verantwortung der Hochschulen in einem politisch offenen Europa in besonderer Weise gewürdigt werden soll.

An dem Symposion, das in Torún stattfinden wird, wird voraussichtlich eine 20köpfige Gruppe aus der Universität teilnehmen. Vortragsthemen werden u.a. Aspekte der Autonomie, Hochschule und Region, Erziehungs- und Bildungauftrag, europäische Vernetzung, Forschungskooperation und Evaluation von Forschung und Lehre sein. Eine solche Veranstaltung sei der richtige Rahmen für die in Vergangenheit wie in der Zukunft wichtige Kooperationsbeziehung, erklärte Busch.

Busch ist einer der Väter der Zusammenarbeit mit Torún, die 1981 aufgrund bereits bestehender intensiver Kontakte zustandekam und damals auch als ein bedeutsames Mittel gesehen wurde, den eisernen Vorhang zu durchlöchern. Nach Groningen war die polnische Universität die zweite, mit der Oldenburg ein förmliches Abkommen unterzeichnete. Heute kooperiert die Universität Oldenburg mit über 50 Hochschulen in Europa, Nord- und Südamerika, Afrika und Asien. Allerdings in sehr unterschiedlicher Intensität. Zu Torún sind die Bande besonders eng. Kontinuierliche Besuche, Workshops und Symposien, Bücher- und Ausstellungenaustausch sowie gemeinsame Veröffentlichungen sorgten für die enge Bande. Und das soll, so Busch, auch bleiben. Denn Polen habe als Nachbar für Deutschland an Bedeutung eher gewonnen als verloren.


(Stand: 19.01.2024)  | 
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