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Hochschulzeitung UNI-INFO

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Kulturelles

Ohne romantisches Pathos

Erstaufführung der 1. Sinfonie Louise Farrencs im neuen Hörsaalzentrum

Die akustischen Verhältnisse im Audimax des neuen Hörsaal der Universität Oldenburg erwiesen sich beim Sinfoniekonzert am 11. Juni mit der Radio Philharmonie Hannover des NDR als durchaus erfreulich, wenn auch nicht ideal für Konzertveranstaltungen. Mitwirkende Musiker beklagten sich über eine zu große Trockenheit des Klanges. Manches Detail stand überdeutlich im Vordergrund, während der Gesamtklang keine raumfüllende Aura entfalten konnte. Dennoch war die Präsentation des neuen Gebäudes auch als Kulturraum ganz zweifellos ein Erfolg und läßt hoffen, daß auch weitere Veranstaltungen ähnlicher Qualität stattfinden können.

 Die 1. Symphonie in c-moll von Louise Farrenc erlebte am 11. Juni nach 153 Jahren ihre Wiederaufführung. Das Programm der Radio-Philharmonie Hannover des NDR unter der Leitung von Johannes Goritzki vereinte Werke des 19. Jahrhunderts mit einem betont klassizistischen Charakter: Neben der Symphonie Louise Farrencs erklangen das 1. Hornkonzert des 18-jährigen Richard Strauss (Solist: Johannes-Theodor Wiemes) und die "Italienische" 4. Sinfonie von Felix Mendelssohn-Bartholdy.

Gerade im Repertoire der Musik des 19. Jahrhunderts haben es Neuentdeckungen schwer. Im Fall der Werke Louise Farrencs wird eine entscheidende Hürde für zukünftige Aufführungen bald beseitigt sein: Ein Großteil wird in wissenschaftlichen Editionen vorliegen. Die Werkausgabe, die von 1998-2001 in dreizehn Bänden erscheinen soll, wird gegenwärtig in der Farrenc-Forschungsstelle in der Universität Oldenburg erstellt. Die Initiatorin des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projektes ist Freia Hoffmann, Professorin für Musikpädagogik und Geschlechterforschung im Fach Musik. Herausgeberin der 1. Symphonie ist die Doktorandin Katharina Herwig.

 Louise Farrenc (1804-1875) schrieb ihre 1. Symphonie 1841. Ihre seit 1825 veröffentlichten Werke für Kammerbesetzungen und Klavier fanden internationale Anerkennung. Es gelang ihr, sich in der musikalischen Öffentlichkeit Frankreichs als professionelle Komponistin zu profilieren. Daneben lehrte sie ab 1842 als Professorin für Klavier am Pariser Conservatoire. Die hochdramatische 1. Symphonie ist nicht nur eine Ausgrabung von primär musikologischem Interesse - sie vermag auch im Konzert über 35 Minuten Aufführungsdauer zu fesseln. Ein Glücksfall ist es, daß sich mit der Radio-Philharmonie des NDR unter Johannes Goritzki ein namhaftes Orchester der Werke Farrencs annimmt. Eine Einspielung aller Symphonien ist im Erscheinen begriffen. Die Aufführung betonte die klassische Seite Farrencs. In straffen und geradlinigen Tempi erklang die Symphonie transparent, ausgewogen und ohne romantisches Pathos. Das ist sicher berechtigt, birgt aber die Gefahr, die Musik zu verharmlosen und nicht als große romantische Symphonien zu begreifen. Farrenc könnte sich durchaus eine expressivere Aufführung gewünscht haben.

Axel Weidenfeld

Künstlerin auf New York

Marsha Pels entwirft großes Projekt für Emden

Marsha Pels ist eine Frau der Tat. Die Künstlerin aus New York begann ihr Semester in Oldenburg mit den Worten: "Wenn wir hier fertig sind, werdet ihr alle schweißen können." Die Veranstaltung in der Bildhauerwerkstatt ist außerordentlich arbeitsintensiv.

 Schweißen lernen sollen die zwölf Frauen und zwei Männer, weil sie im Laufe des Semesters eine Skulptur aus Stahl herstellen sollen: eine "site specific sculpture". Das ist ein Kunstwerk, das für einen ganz bestimmten Ort konzipiert ist und aufgestellt nur an diesem Ort Sinn macht, erklärt die Künstlerin.

 Auch Marsha Pels arbeitet derzeit an einer "site specific sculpture". Seit Herbst plant die gebürtige New Yorkerin ein Denkmal in Emden, der Stadt ihrer Vorfahren. Die Wurzeln der jüdischen Familie Pels reichen bis in das 16 Jahrhundert zurück.

 "Mein Kunstwerk soll an die jüdische Gemeinde der Stadt erinnern, von der der Holocaust außer den Gräbern auf dem jüdischen Friedhof kaum etwas übriggelassen hat", sagt sie. Für ihr geplantes Denkmal ließ sich Marsha Pels auch vom Stadtbild inspirieren, denn in Emden stehen 35 Bunker aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. In ihnen haben fast alle nichtjüdischen BewohnerInnen das Bombardement überlebt. Einen dieser Bunker will die Künstlerin in ihre Arbeit mit einbeziehen, denn sie begreift die unsprengbaren Betonbauten als Gedächtnisspeicher, als "vom Krieg selbst gemachte Denkmäler".

Die Tür in der Bildhauerwerkstatt öffnet sich: "Kann mal jemand tragen helfen?" Zwei Studentinnen sind mit einem Auto voll mit Schrot vorgefahren: Material für die Skulpturen. Marsha Pels läßt sich nicht irritieren: "Als Zeichen für die verschwundene jüdische Gemeinde möchte ich auf der Vorderseite des Bunkers am Bahnhof das Bild der Synagoge entstehen lassen, die heute nicht mehr existiert", erläutert sie. Doch das ist nicht alles. Als weitere Dimension will die New Yorkerin die Geschichte Emdens in das Kunst mit einfließen lasen. "Man wird von weitem das Bild der Synagoge wahrnehmen, das sich in viele kleine Bilder der Stadt auflöst, je weiter man an den Bunker herantritt." Für diesen optischen Effekt werden unzählige Abbildungen der Stadt aus verschiedenen Jahrhunderten in Glasblöcke eingraviert. Ein Computer rechnet die Tonwerte der Bilder aus und fügt sie so zusammen, daß sie von weitem das Bild der Synagoge ergeben. Dabei werden auch das Beton des Bunkers und das Glas miteinander verschmelzen, für Marsha Pels eine Verbindung, die Hoffnung schafft - ein Millionenprojekt, das einigen Emdern Angst macht, nicht nur weil es viel kostet. Die Studierenden hat Marsha Pels jedoch längst vom Projekt überzeugt und zu eigenen Projekten inspiriert - wenn auch nicht alles gleich gelingt. Eine Studentin schimpft: "Warum fliegt beim Schweißen bloß immer die Sicherung heraus?"

Babro Schönberger

"Leben in Tönen fassen!"

Violeta Dinescu komponiert Ballett nach Fontane

Am 4. Juli wird am Theater Mag-deburg das Ballett "Effi Briest" nach dem Roman von Theodor Fontane uraufgeführt. Die Musik dazu schrieb die Oldenburger Komponistin Prof. Violeta Dinescu (FB 2 Kommunikation/Ästhetik).

 "Im Fontane-Jahr 1998 ist es natürlich eine besondere Herausforderung, ein Ballett nach einem Roman von Theodor Fontane zu komponieren", betont Violeta Dinescu. "Fontanes Werke spielen in der Mark Brandenburg, also ganz in der Nähe von Magdeburg. Das ist sehr reizvoll, denn das Werk ist in den Menschen dort verwurzelt. Ich habe anfangs nicht geglaubt, daß man 'Effi Briest' als vielschichtigen Gesellschaftsroman 'tänzerisch' erzählen kann. Aber Irene Schneider hat eine sehr sensible choreografische Sprache gefunden, die ganz aus meiner Musik heraus die Geschichte von Effi und ihrer unerfüllten Liebe erzählt."

 Für die szenischen Proben und die weiteren Arbeiten an der Choreografie wurde mit der Magdeburgischen Philharmonie unter der Leitung von Jan Michael Horstmann die Musik eingespielt. Die erste Spielzeit im wiedereröffneten Theaterbau Magdeburgs, der durch Brandstiftung 1990 zerstört wurde und für 120 Millionen Mark in neuem Glanz erstanden ist, wird mit der Uraufführung des Balletts "Effi Briest" am 4. Juli 1998 ihren abschließenden Höhepunkt haben.

Seit 1996 ist Violeta Dinescu Professorin für angewandte Kompositionstechnik an der Universität Oldenburg. Zur Eröffnung des neuen Hörsaalzentrums im April erklangen Kompositionen der rumänischen Künstlerin, die auch die erfolgreiche Reihe "Komponistlnnenwerkstatt" betreut. Nach ihrer Übersiedelung in die Bundesrepublik 1982 und ihrer Dozententätigkeit an Musikhochschulen im In- und Ausland lehrt sie seit zwei Jahren in Oldenburg. Gerade in den letzten Jahren hat sie durch Kammermusiken, Opern für Kinder und Erwachsene, Ballett- und Filmmusiken der neuen Musik wichtige Impulse gegeben. Zahlreiche internationale Preise und Kompositionsaufträge zeugen von ihrer Kreativität. U.a. war sie auf der DOCUMENTA mit einer musikalischen Performance zu dem Murnau-Film "Tabu" erfolgreich vertreten.

 Sie möchte mit ihrer Musik "das Leben in den Tönen erfassen", sagt sie Künstlerin. Das klingt oft fremdartig, die Strukturen ihrer Musik verlangen ein intensives Sich-Hineinhören.

Es gebe zuviele Vorurteile über moderne Musik, so Violeta Dinescu. "Nicht selten erlebe ich aber bei meinen Studenten hier in Oldenburg oder bei Kursen im Ausland, daß Menschen bei intensiver Beschäftigung mit moderner Musik sich selbst entdecken und ganz neue Einsichten erlangen."

 1985 wurde ihre erste gemeinsame Arbeit mit der Ballettdirektorin Irene Schneider in Ulm ("Der Kreisel und die schöne Lau" nach Eduard Mörike) zu einem großen Erfolg. Nun erarbeiten beide Künstlerinnen als Auftragswerk für das Theater der Landeshauptstadt Magdeburg ein neues abendfüllendes Ballett nach dem Fontane-Roman "Effi Briest".

Herbert Henning

Geschichte konkret

Studierende gestalten eine Ausstellung im PFL

Noch bis zum 24. Juli 1998 dauert die Ausstellung "Gesichter der Zwangsarbeit" im Kulturzentrum PFL, die durch eine Ringvorlesung des Historischen Seminars zur Geschichte der Zwangsarbeit im Zweiten Weltkrieg ergänzt wird (vgl. UNI-INFO 4/98).

 Den Grundstock der Ausstellung bildet die vom Braunschweiger Arbeitskreis Andere Geschichte konzipierte Wanderausstellung "Gesichter der Zwangsarbeit". Sie wurde jedoch um Oldenburgische Komponenten und ein umfangreiches museumspädagogisches Begleitprogramm erweitert. Das Besondere an diesem Projekt ist, daß die Arbeit - von der Idee über die Recherche, von der didaktischen Konzeption bis zur schweißtreibenden Aufstellung der Ausstellungstafeln im Kulturzentrum PFL - überwiegend von Studierenden und DoktorandInnen am Historischen Seminar initiiert und geleistet wurde. Den organisatorischen Rahmen dafür bildete die von Prof. Dr. Hilke Günther-Arndt und der Doktorandin Berit Pleitner sowie Lioba Meyer (Stadtmuseum Oldenburg) angebotene Übung "Arbeiten im Museum: Die Ausstellung 'Gesichter der Zwangsarbeit' in Oldenburg".

 Das museumspädagogische Begleitprogramm und -angebot der Studierenden umfaßt:

 - Führungen durch die Ausstellung für Schulklassen und Gruppen, dazu sonntags um 15 Uhr eine Führung ohne Anmeldung.

 - Fahrradrundfahrt zu markanten Stellen der Geschichte der Zwangsarbeit in Oldenburg. Start: Ohmsteder Bahnhof, Ende am Jüdischen Friedhof. (Anmeldungen beim Stadtmuseum Oldenburg unter Tel. 0441/2352888).

 Ergänzend zum Museumsangebot zeigt das Oldenburger Programmkino "Casablanca" vom 1. bis 15. Juli 1998 den Spielfilm "Das Heimweh des Walerjan Wröbel" (90 Minuten).

Die von der Doktorandin Katharina Hoffmann organisierte Ringvorlesung findet bis zum 22. Juli im PFL-Kulturzentrum statt.

Kooperation mit Kunstverein

Der Oldenburger Kunstverein zeigt vom 19. Juli bis zum 16. August die Gemeinschaftsausstellung "Vegetabilibus" und "Aktion Kapillar". Bei der Arbeit "Vegetabilibus" von Insa Winkler handelt es sich um ein für die Räumlichkeiten des Kunstvereins entwickeltes Environment. Die "Aktion Kapillar" von Till Jonas stellt eine Computeranimation dar, die im Kabinett des Kunstvereins installiert ist. Die Ausstellung wurde in Zusammenarbeit mit einer studentischen Kunst-Gruppe der Universität unter Leitung von Prof. Gert Selle organisiert, erklärte Selle. Über ein halbes Jahr lang habe sich eine ergiebige Kooperation zwischen StudentInnen, KünstlerInnen und Kunstverein ergeben. Das Projekt stehe für einen gelungenen Austausch von Lehre und Praxis, lobte der Kunstverein. Die Ausstellung wird am 19. Juli um 11.15 Uhr im Kunstverein (Damm 2a) eröffnet. Zur Einführung spricht u.a. Selle.

Kunst Stoff Fahne

KUNST STOFF FAHNE heißt eine Ausstellung, die am Montag, 6. Juli, um 18.00 Uhr in der Galerie Kegelbahn, Uhlhornsweg (hinter dem Unikum), eröffnet wird. Gezeigt werden die Ergebnisse zweier Veranstaltungen im Fach Kunst (Barbara Habermann), in denen textile Materialien und Verfahren in unkonventioneller Weise Verwendung finden. Textile Objekte in Form von Fahnen verstehen sich als Kommentar, Zeichen und Stellungnahme zur aktuellen Bildungssituation und zur persönlichen Geschichte.

Projekt "Arisierung" sucht Zeitzeugen

Mit einem noch nicht aufgearbeite-ten Kapitel nationalsozialistischer Geschichte in Oldenburg und im Oldenburger Land befaßt sich ein Projekt, das von der Forschungsstelle Nationalsozialismus, Seminar für jüdische Studien der Universität, und der Gruppe "Werkstattfilm" getragen wird. Thema des Projektes ist der "Wirtschaftliche Boykott und die Enteignung jüdischen Eigentums ("Arisierung") im Zeitraum von 1933 bis 1945". Die Projektträger suchen zu diesem Thema u.a. ZeitzeugInnen, Dokumente und Fotos. Geplant ist, die Ergebnisse nicht nur der wissenschaftlichen Forschung zugänglich zu machen, sondern diese auch der Öffentlichkeit per Film und Ausstellung zu präsentieren. ZeitzeugInnen oder Personen, die Material zur Verfügung stellen können, werden gebeten, sich bei Prof. Dr. Ahlrich Meyer, Forschungsstelle Nationalsozialismus (Tel.: 0441/798-2312) zu melden.

Unvollendete mit Murtada

Unter der Leitung seines neuen Dirigenten, des Jordaniers Rida Murtada, gibt das Universitätsorchesters am 9. Juli um 20.00 Uhr in der Aula sein Semesterkonzert. Auf dem Programm steht u.a. die "Unvollendete" von Franz Schubert. Murtada, in Clausthal-Zellerfeld geboren und erst 23 Jahre alt, begann seinen musikalischen Werdegang mit der Geige. An der Musikhochschule in Bremen ließ er sich zudem als Dirigent ausbilden. Seit 1997 ist er ständiger Gastdirigent des Jordanischen Symphonieorchesters in Amman, einem professionellen Orchester, das die europäische Musik mit großem Erfolg in dem arabischen Land populär macht. In Amman leitet der junge Dirigent zudem die neu gegründete Oper.


(Stand: 19.01.2024)  | 
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