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"Reichlich übertrieben"

Zum Beitrag "Eine bahnbrechende Haushaltsentscheidung - Senat stimmt für leistungsorientierte Mittelvergabe" (UNI-INFO 5/99) schreibt Hans-Jürgen Otto (ZpB):

Ich halte die Bewertung der Senatsentscheidung über die Einführung einer leistungsorientierten Mittelvergabe für reichlich übertrieben. Selbstverständlich halte auch ich diese Entscheidung für wichtig. Aber - es gibt zu viele "Abers":

1. Die Entscheidung kommt unendlich spät: Seit mehr als vier Jahren hat die Uni einen Globalhaushalt, der eingerichtet wurde, damit die Hochschule nach ihren eigenen Kriterien die Ressourcen verteilen kann. Aber ebenso lange hat die Uni ihre Mittelverteilung - mit nur minimalen Änderungen - einfach nur fortgeschrieben. Das ist ein Armutszeugnis für die Uni Oldenburg; andere Hochschulen sind - obwohl ohne Globalhaushalt - schon erheblich weiter.

2. Noch immer werden Leistungs- und Belastungskriterien nur auf einen Teil der Sachmittel angewendet; die machen aber weniger als 1 0 % des Gesamthaushaltes aus. Der größte Teil des Geldes geht in die Stellen, und dort gibt es noch nicht die geringsten Ansätze für eine leistungs- und belastungsorientierte Ressourcenverteilung.

3. Auch bei der Sachmittelverteilung werden Lehre und Studium gegenüber der Forschung unterbewertet. Da es für Lehre und Studium kaum zusätzliche externe Leistungsanreize und Finanzierungsquellen gibt, wie sie in der Forschung durch die Drittmittel vorhanden sind, müßten Leistungen und Belastungen in der Lehre zum Ausgleich aus den Haushaltssachmitteln stärker gewichtet werden.

4. Diese Nachrangigkeit der Leistungen in der Lehre setzt sich im Kleingedruckten fort. So wird in der Forschung als Leistungskriterium gewertet und belohnt, wenn Drittmittelstellen eingeworben werden. Werden aber für die Lehre Stellen eingeworben, so wird dies nicht belohnt. Ein Beispiel aus der Lehrerausbildung: Mit einigem Aufwand konnte erreicht werden, dass in Oldenburg viele Lehrerlnnen in schulpraxisbezogenen Lehrveranstaltungen mitarbeiten, um auf diese Weise die Lehrerausbildung besonders gut auf die Probleme der Schule zu orientieren. Es werden aber nur solche Einwerbungen anerkannt, bei denen Geld auf das Konto der Universität fließt. Da aber die Lehrerlnnen "nur" von den Schulbehörden für die Arbeit an der Uni freigestellt werden und deshalb kein Geld, sondern nur geldwerte Arbeit zur Verfügung gestellt wird, werden diese Leistungen nicht honoriert.

5. Jedenfalls werden zunächst aufgrund der beschlossenen leistungsorientierten Mittelvergabe kaum mehr als "pea nuts" verteilt. Es kann sehr fraglich sein, ob dies die Fachbereiche bewegen wird, mehr Leistung zu bringen, weil Aufwand und Ertrag in einem sehr ungünstigen Verhältnis stehen. Das gilt um so mehr, als die Fachbereiche auf andere Weise ihren Sachmitteletat oft sehr viel besser aufstocken können, nämlich indem frei gewordene Stellen zeitweise nicht wiederbesetzt werden. Eine freie Professorenstelle bringt - selbst wenn die weggefallene Lehre durch Lehraufträge ersetzt wird - weit mehr als 100.000 Mark im Jahr, also viel mehr, als für Leistungen gezahlt würde. Zugespitzt heißt das: Wer den Studierenden Leistungen entzieht, kann sich besser stellen als wenn er seine Leistungen erhöht.

Daher kann die Senatsentscheidung nur als verspäteter, halbherziger und inkonsequenter Schritt in die richtige Richtung bewertet werden.


(Stand: 19.01.2024)  | 
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