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HERBST 2012
das An-Institut der Universität „Integration durch Sport und
Bildung“ eröffnen konnten …
GEBKEN: … nahm das Projekt in den ersten deutschen In-
tegrationsgipfel. Natürlich um zu sagen: Der DFB engagiert
sich. Und um zu sagen: Da gibt es einen Hochschullehrer, der
redet nicht nur, sondern der setzt das auch in der Praxis um.
Und solche Projekte, die finden wir großartig. Das war kurz
vor der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland 2006. Was
dann folgte, war Pionierarbeit.
EINBLICKE: Inwiefern?
GEBKEN: Ich wollte an verschiedenen Orten die Universitäten
mit ins Boot holen. Das ist mal gelungen, mal nicht. Es gibt ihn
auch heute noch, den blinden Fleck in all denUntersuchungen
über die so genannten ausgeschlossenen Jugendlichen und
Kinder, die nicht am
Sport partizipieren.
Nur über den Be-
griff der Integration
habenwir bei Politikern Chancen, Mittel zu akquirieren. Armut
anzugehen, das war eigentlich mein Thema. Ursprünglich
wollte ich mich nicht auf türkische und arabische Mädchen
stürzen, sondern auf die Mädchen, die ausgeschlossen sind.
Die nicht dabei sind.
EINBLICKE: Warum ist das Thema Armut so schwierig zu
vermitteln?
GEBKEN: Es gibt häufig die Zuweisung: Die sind selber schuld,
dass sie aus ihrer Situation nicht herauskommen. Und dann
kontere ich immer: Da können die Kinder und Jugendlichen
nichts dafür. Die sind in diese Lebensverhältnisse hineingebo-
ren. Es gibt immer die Sorge, dass es ein Fass ohne Boden ist:
Man steckt Geld hinein, und heraus kommt sowieso nichts.
Armut, das ist eher ein schmuddeliges Thema. Damit kann
sich selten ein Politiker profilieren.
EINBLICKE: In Ihrer Arbeit mit den Fußballerinnen ist Armut
dennoch immer präsent.
GEBKEN: Es gibt viele drastische Beispiele. Wenn einMädchen
verschämt in die AG kommt und nur einen löchrigen Pyjama
anhat. Gespräche mit der Schulleitung haben ergeben: Das
Mädchen hat wirklich nur ihren Pyjama, über den zieht sie
einen Pullover an und eine Hose. Dass Turnschuhe fehlen, ist
keine Ausnahme. Wir haben dann Kleider- und Schuhbörsen
organisiert.
EINBLICKE: Das Thema „Integration“ ist für Sie auch ein Weg,
auf das Thema „Armut“ aufmerksam zu machen?
Die Jugendarbeit der 80er befand
sich in einem Trümmerzustand.“
Das Projekt MICK
MICK- Mädchen kickenmit“ entstand imJahr 1999 imOl-
denburger Stadtteil Ohmstede. Über die Zusammenarbeit
von Schule und Verein, in Fußball-AGs, begeisterten die
Organisatoren Mädchen mit Migrationshintergrund für
den Fußball undbildeten Jugendliche zu Trainerinnen aus.
Bei dem ersten Integrationsgipfel im Jahr 2006 entschie-
den der Deutsche Fußball-Bund und die Bundesregie-
rung, das Projekt bundesweit umzusetzen. Heute spielen
mit Unterstützung der Laureus for Good Foundation
und mehrerer Landesministerien – Mädchen in elf Bun-
desländern an mehr als 200 Standorten Fußball. Das
Projekt wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet.
Das An-Institut plant nun, die Projektidee ins europäische
Ausland auszuweiten.
Über dasMICK-Projekt hinaus beteiligt sich das An-Institut
aktuell auch an dem integrativen Basketballprojekt „BIG-
Basketball integriert Oldenburg“. Außerdementwickelt es
circensische Bewegungsprojekte und fördert Spiel, Sport
und Bewegung in ländlichen Regionen.
Dem Trainer zuhören – und vielleicht später selbst
Übungsleiterin werden: Auch das ist möglich im MICK-Projekt.
Listening to what the Coach says – and later perhaps becoming
a coach yourself. This, too, ist possible in the MICK project.