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Jürgen Rullkötter

 

1. März 1996   59/96

Deklaration zum wissenschaftlichen Tiefseebohren

Oldenburg. Auf dem zur Zeit an der Universität Oldenburg stattfindenden 1. EuroColloquium des internationalen Tiefseebohrprojekts "Ocean Drilling Program" haben sich mehr als 200 Geowissenschaftler aus 13 europäischen Ländern in einer Deklaration dafür ausgesprochen, die Tiefseeböden durch Bohrungen weiterhin umfangreich zu erforschen. Damit solle ein Beitrag geleistet werden, drängende Probleme wie die Veränderung der Erdatmosphäre, den zunehmenden Bedarf an Energie und anderen dringend benötigten Rohstoffen zu lösen und Möglichkeiten der Abfallbeseitigung zu erforschen. Die Deklaration im Wortlaut:

"Bohrungen in die Ozeanböden haben die Bestätigung dafür gebracht, daß an den mittelozeanischen Rücken Meeresboden ständig neugebildet wird, aber an den Tiefseegräben auch ständig zerstört wird. Die Bewegungen dieser ozeanischen Erdkruste wurden für die letzten 150 Millionen Jahre durch Tiefseebohrungen präzise bestimmt. Bohrungen in die geschichteten Ablagerungen von marinen Mikroorganismen, welche die Erdkruste unter den Ozeanen bedecken, haben die große Variabilität des Erdklimas über diese Zeit hinweg demonstriert, die größtenteils eine Konsequenz von Variationen der Erdumlaufbahn ist. Aus dem mit Bohrungen gewonnenen Material wurde viel über die evolutionären Tendenzen von Lebewesen erfahren. Die physikalischen und chemischen Eigenschaften der Meeresböden wurde sehr detailliert mit Hilfe von Bohrungen studiert. Erstrangige Entdeckungen im Zusammenhang mit der Bildung von Erdöl und Erdgas sowie von Erzlagerstätten wurden gemacht. In jüngster Vergangenheit wurden lebende Bakterien in mindestens 600 m unter dem Meeresboden in Bohrlöchern gefunden, die die Biologen dazu zwangen, ihre Abschätzungen der lebenden Biomasse der Erde drastisch zu verändern und die Geologen veranlaßten die Rolle anzuerkennen, die die Mikroben bei den physikalischen und chemischen Veränderungen in der Tiefe spielen.

Viele der Veränderungen, die unter den Ozeanen vorkommen, sind noch unbekannt. Während sich der Bevölkerungszuwachs dem Sättigungspunkt für das Raumangebot und die Ressourcen auf denjenigen 30% Erdoberfläche, die auf dem Festland liegen, nähern wird, müssen in zunehmendem Maße die Ozeane die Ressourcen und Abfallbeseitigungsmöglichkeiten für die Erdbevölkerung vorhalten. Darum ist es unerläßlich, daß die Menschheit die Erdprozesse der Vergangenheit und Gegenwart versteht. Viele der weltweit wichtigsten Prozesse laufen unter den Ozeanen ab und erfordern eine eingehende Untersuchung. Das Tiefseebohren wird ein unentbehrliches Werkzeug bei der Enträtselung früherer Umweltverhältnisse sein, welche ihrerseits den Schlüssel für die Vorhersage der Zukunft der Erde und Schaffung eines Rahmens für das Erdmanagements liefern. Die wissenschaftliche Grundlage und die Gestaltung einer derartigen Anstrengung sind in einem Langzeitplan dargelegt, der den Titel "Unsere dynamische Erde mit Hilfe von Tiefseebohrungen verstehen" trägt und eine Fortsetzung des Tiefseebohrens bis in das 21. Jahrhundert fordert.

Wir bitten alle Entscheidungsträger in der europäischen Wissenschaftsplanung, Fördereinrichtungen, öffentliche Dienste und die Industrie diese globale Initiative für eine verbesserte Erforschung der Erdsysteme mittels Tiefseebohrungen zu unterstützen."

Kontakt: Prof. Dr. Helmut Beiersdorf (Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe), zur Zeit, Oldenburg, und Prof. Dr. Jürgen Rullkötter, Institut für Chemie und Biologie des Meeres, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Tel.: 0441/ 9706-359, Fax: 0441 798-3404.

(Stand: 19.01.2024)  | 
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