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11. Oktober 2004   263/04   Forschung

Das verkehrte Bild
 

Oldenburg. Das Phänomen ist bekannt: Bilder, die auf dem Kopf stehen - oder zumindest so erscheinen. Es gibt Bilder, die seitlich gekippt wurden, Bilder, die nur von oben oder unten zu sehen sind. Bilder, die rotieren oder gar nur von hinten zu betrachten sind. Zum Wechsel der Perspektive kommt noch die Möglichkeit einer Umkehr der Helligkeitswerte: von Hell in Dunkel, von Dunkel in Hell, Negativ in Positiv.
Mit solchen Phänomenen befasst sich Prof. Dr. Peter Springer, Hochschullehrer für Theorie und Geschichte der Bildenden Kunst an der Universität Oldenburg, in seinem neuen Buch*. Angelegt ist es als Sammlung kurzer, leicht lesbarer Essays, die den Bogen von der Antike bis in die Gegenwart spannen. Das Material umfasst Bilder von Künstlern wie Rodin, Malewitsch, Léger, Klee, Dali, Max Ernst, Pollock, Chagall, Duchamp, Rauschenberg, Warhol, Nauman, Polke, und Baselitz. Auch Bilder aus Werbung und Publizistik, Plastiken und Architekturbeispiele werden berücksichtigt.
Das lästige oder lustige, ärgerliche oder überraschende Phänomen des verkehrten Bildes erweist sich, so Springer, bei näherer Betrachtung als Spitze eines Eisbergs. Die Kunstgeschichte kenne neben zahllosen versehentlichen Verkehrungen Inversionen von Bildern, die beabsichtigt sind und als bildnerische Strategie eingesetzt werden. Während sie früher eher seltene Bekundungen einer Be- oder Entwertung darstellten, seien sie heute ein geläufiger Ausdruck freier und befreiender Handhabung von Bildern.
Es gehe nicht um das Verhältnis von Rechts und Links im Bild und auch nicht um das Thema der verkehrten Welt, obwohl beide mit hineinspielten. Während das eine unter wahrnehmungspsychologischen und das andere unter moralischen oder didaktischen Gesichtspunkten Gegenstand zahlreicher Untersuchungen sei, wäre das verkehrte Bild in seiner vermeintlichen Beiläufigkeit erstaunlich selten reflektiert worden. Und das, obwohl es ein breites Spektrum von Manipulationsmöglichkeiten, von Fälschung und Verfälschung bereithalte. Nicht zufällig schillere der Wortsinn von „verkehrt" zwischen „umdrehen“ und „falsch“. Diese doppelte Bedeutung spiele auf den wichtigen Zusammenhang von umgedrehten Bildern und ihrer Wertung an.

Der Autor: Prof. Dr. Peter Springer (Jg. 1944), Professor für Theorie und Geschichte der Bildenden Kunst an der Universität Oldenburg, 1994/95 Member am Institute for Advanced Study in Princeton, zahlreiche Publikationen zur Kunstgeschichte des Mittelalters und des 19./20. Jahrhunderts. Wichtige Buch-Publikationen: Corpus Bronzegeräte des Mittelalters, Bd. 3, (1981); Schinkels Schloßbrücke in Berlin (1981); Das Kölner Dommosaik (1991); Hand and Head. Ernst Ludwig Kirchner's Self-Portrait as Soldier (Berkeley 2002).

Rezensionsexemplare können direkt beim Verlag angefordert werden: Aschenbeck & Holstein, Jahnstr. 37, 27753 Delmenhorst, Tel. 04221/987531, E-Mail:
*Peter Springer, Das verkehrte Bild - Inversion als bildnerische Strategie, Verlag Aschenbeck & Holstein Delmenhorst u. Berlin 2004, 408 Seiten mit 358 Abb. (sw), 29,80 €

Bildunterschriften:
1. Mit der zunehmenden Verselbständigung der malerischen Mittel seit dem 19. Jahrhundert geraten auch die Koordinaten der Kunstbetrachtung ins Wanken: Karikatur von 1907 aus dem Pariser „Figaro“.
2. Es gibt zahlreiche Zeichnungen von Egon Schiele, die man nach Maßgabe der Signatur und ebenso gut nach Maßgabe der Orientierung des Motivs betrachten kann: „Liegende Frau“ (1917).
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ⓚ Kontakt:
Prof. Dr. Peter Springer, Tel.: 0441/87469, E-Mail:
 
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