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Hochschulzeitung UNI-INFO

Uni-Info Kopf

Inhalt Juli 2002

Hochschulpolitik

„Jeder hat das Bestreben, eine gute Arbeit abzuliefern“

Interview mit der neuen Kanzlerin Gerlinde Walter


Gerlinde Walter, vom Senat im Mai zur neuen Kanzlerin der Universität Oldenburg gewählt, nimmt am 1. August ihre Arbeit auf. Kanzlerin wird sie allerdings nur zwei Monate bleiben, dann wird sie zur Vizepräsidenten ernannt. Nach dem neuen Niedersächischen Hochschulgesetz (NHG), das am 1. Oktober in Kraft tritt, gibt es keine KanzlerInnen mehr, sondern nur ein Präsidium, das sich aus dem/der Präsidenten/in und VizepräsidentInnen zusammensetzt.

 

UNI-INFO: Sie haben in Ihrer Anhörung die Personalentwicklung als einen sehr wesentlichen Arbeitsschwerpunkt genannt. Was soll geschehen?

WALTER: Der Hochschulbetrieb ändert sich tiefgreifend. Das stellt auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor neue Anforderungen, in der Bewältigung neuer Aufgabenprofile, der Definition der eigenen Rolle und der Gestaltung des Miteinanders, das sich am Servicegedanken orientieren soll. Dies ist ein wichtiger Strang von Personalentwicklung. Stichwörter dafür sind: Projektmanagement, Zeit- und Selbstmanagement, Konfliktmanagement usw. Der andere Strang ist die Förderung einzelner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Hinblick auf die Qualifizierung für neue Arbeitsbereiche und Positionen. Beförderungen und/oder optimales Einsetzen auf Arbeitsplätzen tragen zur Arbeitszufriedenheit bei und das ist ein ganz wesentliches Kapital für einen gut funktionierenden Dienstleistungsbereich.

UNI-INFO: Die gezielte Förderung einzelner Mitarbeiter könnte aber zur Demotivation anderer führen.

WALTER: Natürlich muss man sehr sensibel damit umgehen. Wichtig ist zunächst mal eine gute Kommunikationsstruktur, regelmäßige Gespräche zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern eines Bereiches, in denen auch Vorstellungen und Wünsche oder Kritik geäußert werden können. Es geht vielleicht nicht immer nur um Aufstieg, sondern auch oft um den Abbau von Unzufriedenheit am Arbeitsplatz. Resultat einer funktionierenden Kommunikation kann sein, dass Arbeit anders und besser verteilt wird, Potenziale erkannt und Fördermöglichkeiten angesprochen werden. Wenn wir es schaffen, wirklich in den verschiedenen Bereichen eine gute Kommunikation aufzubauen, dann kann eine gezielte Förderung im Einzelfall auch gut vermittelt werden und muss keineswegs bei anderen zu Demotivation führen.

UNI-INFO: Wenn man heute von Personalentwicklung spricht, dann ist auch immer die Sprache von Stärkung der Eigenverantwortlichkeit.

WALTER: Ich habe damit gute Erfahrungen in meiner bisherigen Hochschule in Braunschweig gemacht. Wir haben versucht, Zuständigkeitsbereiche auf allen Ebenen zu definieren, bei denen die MitarbeiterInnen auch das Ergebnis zu vertreten haben. Ich denke, dass jeder Mensch eigentlich das Bestreben hat, eine gute Arbeit abzuliefern und auch bereit ist, für das Ergebnis Verantwortung zu übernehmen. Wenn die Entscheidung aber immer an anderer Stelle getroffen wird, wird es dem- oder derjenigen, der/die nur zuliefert, etwas gleichgültiger sein, was dabei herauskommt.

UNI-INFO: Das Verhältnis von Wissenschaft und Verwaltung ist an Universitäten in der Regel gespannt. Haben Sie eine Idee, wie man es entspannender gestalten kann?

WALTER: Das ist in der Tat ein schwieriger Punkt und hängt natürlich auch mit der Größe der Universität zusammen. Bei einer relativ kleinen Hochschule kennen sich alle und reden mehr miteinander. In Braunschweig haben wir uns dem Problem einmal in einem Workshop mit Hochschullehrerinnen und Hochschullehrern gewidmet und über Schnittstellenprobleme diskutiert. Da ist schon vieles von den unterschiedlichen Sichtweisen, Erwartungen, Zwängen und Notwendigkeiten klarer geworden. Letztlich geht es darum, gegenseitiges Verständnis zu entwickeln. Das Problem wird sicherlich nie ganz verschwinden. Die Verwaltung ist dafür zuständig, dass Vorgänge gesetzmäßig und entsprechend den Regelungen und Normen ablaufen, während das im Wissenschaftsbereich oft nur als unnötiger bürokratischer Aufwand empfunden wird. Aber wenn man miteinander redet, sich erklärt, keine Prinzipienreiterei betreibt und offen füreinander ist, ist schon viel gewonnen.

UNI-INFO: Am 12. Juni wurde das neu gefasste Niedersächsische Hochschulgesetz verabschiedet. Sie werden dann Vizepräsidentin, ändert das etwas an Ihrem Bewusstsein über Ihr Amt?

WALTER: Es kommt in erster Linie darauf an, dass ein Präsidium gut zusammenarbeitet und auf kollegialer Ebene funktioniert. Die Zeiten, in denen so große Organisationen wie es Universitäten oftmals sind, monokratisch geleitet werden können, sind endgültig vorbei. Dass ich Vizepräsidentin statt Kanzlerin werde, ist dabei gar nicht so erheblich. Wichtig ist einfach, dass jeder seine Rolle in der Leitung ausfüllt und das Präsidium wiederum in gutem Kontakt zu der gesamten Universität steht.

UNI-INFO: Sie waren als Juristin an der Universität Bremen wesentlich daran beteiligt, die Frauenförderung abzusichern. Ist das auch ein Thema für die Kanzlerin?

WALTER: Frauen sind nach wie vor auf allen höheren Positionen unterrepräsentiert und die Lebenssituationen und Sichtweisen von Frauen kommen im Denken und Handeln auf allen Ebenen und in allen Bereichen zu wenig vor. Ich habe mich als Kanzlerin in Braunschweig für diesen Bereich engagiert und ich werde das auch in Oldenburg tun. Persönlich denke ich, dass wir Frauen, die wir etwas erreicht haben, da auch in der Pflicht sind.

UNI-INFO: Sie haben lange in Bremens bestem Kabarett, dem “Libretto Fatale”, gespielt. Verhilft Ihnen die kabarettistische Sicht auch manchmal dazu, mit Distanz auf Ihre Arbeit zu schauen?

WALTER: Es ist immer ganz wichtig, die Distanz zum eigenen Tun nicht zu verlieren, um sich selbst, seine Arbeit und deren Wirkung auf andere realistisch einschätzen zu können. Und Humor sollte auch in einer Universität kein Fremdwort sein. Ich bin ein Mensch, der gerne lacht, und sehe es nicht gerade als Zeichen mangelnder Souveränität, auch mal über sich selbst lachen zu können.

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Organisationsreform und dann Stiftung?

NHG ermöglicht Stiftungen und stärkt das Präsidium

Die Universität Oldenburg wird erst ihre Organisationsreform abschließen und wirken lassen, bevor sie die Diskussion darüber aufnimmt, ob sie sich in die Trägerschaft einer Stiftung begeben will. Das erklärte Präsident Prof. Dr. Siegfried Grubitzsch nach der Verabschiedung des neuen Niedersächsichen Hochschulgesetzes (NHG) am 12. Juni durch den Landtag. Das neue Gesetz schafft den Universitäten diese Möglichkeit, die besonders von Wissenschaftsminister Thomas Oppermann favorisiert wird.

Wie zu hören ist, wollen die Medizinische Hochschule Hannover, die Universität Lüneburg und die Fachhochschule Osnabrück schon bald den Stiftungsweg gehen. Sie versprechen sich eine größere Unabhängigkeit vom Staat und bessere Bedingungen für selbständiges wirtschaftliches Handeln und damit größere Chancen, Mittel einzuwerben bzw. zu verdienen. Letzteres ist auch das Ziel des Gesetzgebers, der hofft, die beschränkten Mittel des Staates für Bildung und Forschung dadurch kompensieren zu können, dass er bessere Rahmenbedingungen für Finanzierungen durch Privatinitiative schafft.

Die Universität Oldenburg habe es mit einer Stiftung auch deshalb nicht eilig, weil sie im wirtschaftsschwachen Nordwestraum nicht über das Umfeld verfüge, das notwendig sei, um die großen Defizite in der Ausstattung durch Fundraising zu beseitigen, betonte Grubitzsch, der die Verabschiedung des Gesetzes aber ausdrücklich begrüßte. Es ermögliche den Hochschulen größere Spielräume und ein effektiveres Management, was angesichts der Notwendigkeit weiterer grundlegender Reformen von größter Bedeutung sei.

Das neue Gesetz überträgt alle wichtigen Entscheidungen – besonders auch Haushaltsentscheidungen – dem Präsidium. Der Senat und die Fakultätsräte haben weitgehend die Funktion von Aufsichtsgremien, die Rechenschaft fordern und zu Entscheidungen Stellung nehmen können. Außerdem beschließen sie Ordnungen für die inneruniversitäre Organisation sowie Entwicklungspläne. Das Konzil, das bisher ähnliche Funktionen hatte, gibt es nicht mehr.

Ein völlig neues Gremium rückt dafür in der Vordergrund: Der Hochschulrat. Er soll das Präsidium beraten und zu wichtigen Grundsatzentscheidung (u.a. Wirtschaftsplan und Entwicklungsplan) Stellung nehmen. Das siebenköpfige Gremium, dessen Mitglieder bis spätestens 30. April 2003 benannt werden müssen, soll sich nur aus hochschulexternen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens zusammensetzen und dazu beitragen, die Universität enger an die Gesellschaft zu binden und ihr keinen Rückzug in den Elfenbeinturm zu ermöglichen. Die Universität benennt dafür vier, das Ministerium drei VertreterInnen.

Eine größeres Gewicht gibt das Gesetz künftig der Lehre. In den Fakultäten wird es Studiendekane geben, die nur für das Lehrangebot zuständig sind, und die StudentInnen haben mehr Mitbestimmungsrechte. In der Studienkommission erhalten sie die Hälfte der Sitze, im Senat und den Fakultätsräten werden ihre Stimmen bei Tagesordnungspunkten zu Studium und Lehre verdoppelt, während die MitarbeiterInnen im technischen und Verwaltungsdienst (MTV) bei diesen TOPs nicht mehr mitstimmen dürfen.

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Lobby-Arbeit bei der EU in Brüssel

Verbund Norddeutscher Universitäten informiert sich und präsentiert eigene Stärken

Die Herausbildung eines einheitlichen europäischen Forschungsraums durch eine verstärkte Bündelung nationaler Forschungskapazitäten sei das Ziel des geplanten 6. Forschungsrahmenprogramms der Europäischen Union. Das erklärte Klaus van der Pas, Generaldirektor für Bildung und Kultur bei der Europäischen Kommission, vor den Präsidenten und Kanzlern des Verbundes Norddeutscher Universitäten Ende Mai in Brüssel. Europa solle damit im Bildungsbereich bis zum Jahr 2010 zum „besten Wettbewerbsraum“ der Welt ausgebaut werden.

Der Vernetzung der Hochschulen komme mit diesem strategischen Bildungsziel eine immer größere Bedeutung zu, erklärte dazu Universitätspräsident Prof. Dr. Siegfried Grubitzsch. Der Nordverbund sei auf diese Herausforderung sehr gut vorbereitet und verfüge mit seinen gut funktionierenden Netzen über die technischen Voraussetzungen für die groß angelegten Forschungsprojekte.

Der Besuch der Universitätsvertreter aus Bremen, Greifswald, Hamburg, Kiel, Oldenburg, Rostock und Groningen in Brüssel diente aber nicht nur der Eigeninformation, sondern auch dazu, auf den Nordverbund und seine Leistungen in Forschung und Lehre in der EU-Hauptstadt aufmerksam zu machen. Dies geschah im Informations- und Meinungsaustausch mit den Forschungs- und Bildungsreferenten in der EU-Behörde.

Grubitzsch zog ein positives Resümee des Brüssel-Besuchs, der tiefe Einblicke in die Struktur der EU im Bereich Forschung und Bildung gebracht habe, aber auch Kontakte zu verantwortlichen EU-Managern ermöglicht habe. Er stellte in diesem Zusammenhang heraus, dass die Universität Oldenburg bereits seit Jahren bei den EU-Anteilen an den Drittmitteln mit etwa zehn Prozent in Niedersachsen an der Spitze liege.

Der Besuch in Brüssel, von Renate Eriksen (EU-Hochschulbüro an der Universität Oldenburg) ausgezeichnet organisiert, soll auch im nächsten Jahr stattfinden.

Anhörung für Langzeitstudierende

Im September Bescheide über Studienzeitkonten

Im September wird das Immatrikulationsamt allen StudentInnen, die ab Sommersemester 2003 mit Studiengebühren rechnen müssen, eine Anhörung anbieten. Sie sollen in diesem Rahmen die Möglichkeit haben, ihre Situation darzustellen und zu dem errechneten Studienzeitkonto Stellung zu nehmen.

Das jetzt verabschiedete neue Niedersächsische Hochschulgesetz bekräftigt die vor einem Jahr beschlossene Regelung. Wer die Regelstudienzeit um mehr als vier Semester überschreitet, muss zusätzlich zu den Semesterbeiträgen 500 E zahlen. Für diejenigen, die ein Aufbau-, Master- oder Ergänzungsstudium absolvieren, ist die neue Regelung noch einschneidender, denn sie müssen sofort nach dem Überschreiten ihrer Regelstudienzeit zahlen. Nur die Personengruppe der Doktorandinnen und Doktoranden wird von der Neuregelung verschont und ist von der Gebührenzahlung befreit.

Das Gesetz lässt nur wenige Gründe für lange Studienzeiten gelten. Wer beispielsweise Kindererziehungszeiten nachweisen kann, erhält eine Erhöhung bis zur Verdoppelung des Studienguthabens. Wenn beide Elternteile studieren, können beide diese Vergünstigung in Anspruch nehmen. Daneben wird die Mitgliedschaft in Organen der Hochschule (Senat, Konzil, Fachbereichsräte), der Studentenschaft (Studentenparlament, AStA, Fachschaften) oder des Studentenwerks (Verwaltungsrat, Vorstand) mit einer Erhöhung des Studienzeitkontos bis zu zwei Semestern „belohnt“.

Außerdem ermöglicht das Gesetz Ausnahmeregelungen bei „unbilligen Härten“. Wer durch eine amtsärztliche Bescheinigung eine Behinderung oder eine chronische Erkrankung nachweist, kann mit einem Erlass der Gebühren rechnen. Als „unbillige Härte“ kann auch „wirtschaftliche Not in zeitlich unmittelbarer Nähe zur Abschlussprüfung“ gewertet werden. Nach Ansicht von Dezernentin Helga Wilhelmer werde der Nachweis der wirtschaftlichen Not besonders schwierig. Deshalb solle in diesen Fällen der ASTA einbezogen werden, um unnötige Schnüffeleien zu vermeiden.

Nach Baden-Württemberg ist Niedersachsen das zweite Bundesland, das Studiengebühren für Langzeitstudierende einführt. Auf einer Tagung in Oldenburg berichteten Fachvertreter der Universitäten Heidelberg, Hohenheim und Stuttgart, dass der befürchtete hohe Rückgang der Studierendenzahlen nicht eingetreten sei. Nach einem ersten deutlichen Einbruch der Zahlen im Jahr der Einführung 1998/99 steigen die Studierendenzahlen wieder. Das angestrebte Ziel, die Zahl der Langzeitstudierenden zu reduzieren, wurde erreicht. Abgeschafft wurde das Langzeitstudium durch die Einführung der Gebühren allerdings nicht. Nach wie vor gibt es aber einen konstanten Prozentsatz von Studierenden, die es aus den unterschiedlichsten Gründen nicht schaffen, in der tolerierten Zeit das Studienpensum zu schaffen – und dafür zahlen. nach oben nach oben

(Stand: 19.01.2024)  | 
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