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Forschung

Fische, Korallen und Schnecken

Studenten forschten am Roten Meer / Eindrucksvolle Unterwasserwelt

Jeder Biologiestudent sollte im Rahmen seines Studiums einmal im tropischen Regenwald und Korallenriff geforscht haben, um die Artenvielfalt dieser komplexesten Systeme unserer Erde zu erleben“, fordert der bekannte Biodiversitätsforscher E. O. Wilson.

Dieser Aufforderung folgten wir, 21 Studierende mit dem Studienschwerpunkt Marine Biodiversitätsforschung, nach einem einführenden Seminar und Schnorcheltraining unter Leitung von Prof. Dr. Ekkehard Vareschi (ICBM) und Dr. Thomas Glatzel (IBU). Im September waren wir zwei Wochen in Dahab/Ägypten auf einer kleinen Tauchbasis auf dem Sinai am Golf von Aqaba. Unser Ziel war es, die Korallenriffe und die weltweit nördlichsten Mangroven kennen zu lernen und die Biologie und Ökologie ihrer Bewohner zu erforschen.

Barakudaschwarm

Mit Hilfe von Beduinentaxis gelangten wir zu den unterschiedlichsten Riffen, wo wir täglich zusammen mit Kugel- und Kofferfischen, aber auch farbenprächtigen Papagei-, Falter- und Rotfeuerfischen, die wir bisher nur aus Büchern kannten, schnorchelten. Im Riff selbst gab es eine große Vielfalt an Hart- und Weichkorallen und andere wirbellose Tiere zu entdecken. Bei Ebbe fanden wir im Felswatt einen einzigartigen Reichtum an Schlangensternen, Seeigeln, Krebsen und Schnecken, wie die wunderschöne Pharaonen-Turbanschnecke oder die äußerst giftige Textil-Kegelschnecke.

Zunächst war es unsere Aufgabe, die im Riff lebenden Tiere nicht nur zu dokumentieren, sondern auch zu beschreiben und sie anhand ihrer charakteristischen Merkmale wieder zu erkennen. Über 300 Arten haben wir gefunden und bestimmt. Im abendlichen Seminar berichteten wir über unsere Beobachtungen und stellten spezielle Tierporträts vor. Ein Labor für die Untersuchung mikroskopisch kleiner Organismen hatten wir ebenfalls eingerichtet.

Höhepunkte der Exkursion waren Besuche der Oase Ain Hudra und des Nationalparks Nabq mit seinen türkisfarbenen Lagunen und unberührten Riffen. Hier trafen wir auf die braune Mangrovenqualle, die immer auf dem „Rücken“ liegt, Stechrochen, Fledermausfische, einen riesigen Kofferfisch, Muränen und eine Schildkröte. Über Wasser gab es nur eine spärliche Vegetation, die brütende Hitze des Wadis und Sand, Sand, Sand ... und freundliche Beduinen, die uns im Schatten ihres bescheidenen Wüstenrestaurants zwei große Papageifische auf dem Feuer zubereiteten.

Im Verlauf der Exkursion wurden verschiedene Projekte im Riff von uns selbst geplant und durchgeführt. So wurde die Tag/Nacht-Aktivität von Fischen studiert (dies bedeutete, von 5.00 bis 7.00 Uhr und von 18.00 bis 20.00 Uhr im Riff zu sein, Daten zu erfassen und dazwischen auszuwerten) oder es wurden von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang Putzerstationen (hier befreien Fische andere Fische von Parasiten) untersucht. Alle Ergebnisse und Auswertungen werden in unserem Exkursionsbericht dokumentiert.

Diese Exkursion wird mit ihren vielen Informationen, Eindrücken, Erlebnissen und Erfahrungen ein prägendes Ereignis unseres Studiums bleiben. Sie eröffnete uns neue Einblicke in ein Unterwasserparadies, in dem die lebendige Vielfalt greifbar wurde.

Kerstin Heusinger von Waldegge, Tim Migawski, Sebastian Rakers, Sabine und Ulrike Schückel

Wenn Zugvögel den Kopf schütteln

Gartengrasmücken "scannen" das Erdmagnetfeld

Zugvögel „scannen“ das Magnetfeld der Erde, das sie zur Flugorientierung nutzen, mit speziellen regelmäßigen Kopfbewegungen. Das zeigen Experimente unter der Leitung des Biologen Dr. Henrik Mouritsen, der am Institut für Biologie und Umweltwissenschaften die von der VolkswagenStiftung geförderte Nachwuchsgruppe „Animal Navigation“ leitet. „Wir haben bei Gartengrasmücken in Käfigen beobachtet, dass sie nachts, wenn sie normalerweise in Richtung ihrer Winter- bzw. Sommerquartiere fliegen würden, regelmäßig den Kopf schütteln, und dass dieses Kopfschütteln zunimmt, wenn das Magnetfeld der Erde für sie nicht spürbar ist“, berichtet Mouritsen, der seine Forschungsergebnisse in der jüngsten Ausgabe der Wissenschaftszeitschrift „Current Biology“ (9. November 2004) veröffentlicht hat. Diese auffälligen, aber bisher kaum beachteten Kopfbewegungen konnten nun in Zusammenhang mit der Wahrnehmung des Magnetfeldes gebracht werden: „Jetzt wissen wir mit Sicherheit, dass die Zugvögel ihren ‚Kompass’ bzw. ‚Magnetsensor’ im Kopf haben - und dieser mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Netzhaut ihrer Augen lokalisiert ist“, so Mouritsen.

Erst kürzlich war dem Wissenschaftler und seinen MitarbeiterInnen der Nachweis gelungen, dass sich in der Netzhaut von Gartengrasmücken Cryptochrom-Moleküle befinden, die es den Vögeln ermöglichen könnten, das Magnetfeld zu „sehen“. Zuvor hatte er in Experimenten, bei denen der Weg freigelassener Zugvögel verfolgt wurde, nachgewiesen, dass die Tiere ihren „Kompass“ mit Hilfe des Sonnenuntergangs täglich neu eichen (UNI-INFO 4 und 8/2004).

Für die Experimente wurden in den Werkstätten der Universität spezielle Käfige angefertigt, in denen die Tiere keinen äußeren Störeinflüssen unterlagen. Mouritsen lobt in diesem Zusammenhang den sehr hohen technischen Standard der Oldenburger Werkstätten: „Das ist für eine Universität wirklich nicht selbstverständlich“, so der Biologe.

Die Forscher setzten jeweils eine Gartengrasmücke in einen Käfig und beobachteten in zahlreichen Nachtsitzungen mit Infrarotkameras, dass die Tiere etwa einmal pro Minute ihren Kopf zur Seite bewegten, wenn sie dem natürlichen Magnetfeld ausgesetzt waren. Auffällig war, dass das Kopfschütteln signifikant zunahm, wenn das Magnetfeld fehlte. Die erhöhte Frequenz der Kopfbewegungen erklärt sich durch das Suchen der Vögel nach einem magnetischen Orientierungsmuster. Diese Zunahme lässt sich Mouritsen zufolge nicht durch Zufälle erklären, da sich die allgemeine Bewegungsintensität der Vögel im Durchschnitt nicht voneinander unterschied. Außerdem richteten sich die Vögel, die im natürlichen Magnetfeld untersucht wurden, nach dem „Kopfscan“ deutlich häufiger in Richtung ihrer genetisch vorbestimmten Hauptflugrichtung aus als die Individuen der Untersuchungsgruppe ohne Magnetfeld. Das fehlende Magnetfeld führte dazu, dass die Orientierungsbewegung nach dem Scannen rein zufällig ausfiel. Vermutlich dient die Kopfbewegung zur Sensibilisierung der optischen Wahrnehmung (zum Scannen der maximalen oder minimalen Stärke). Ein sehr wahrscheinliches Erklärungsmodell geht davon aus, dass die Vögel über die Cryptochrom-Moleküle in ihren Augen eine Art „virtuelles Bild“ der Magnetfeldmuster wahrnehmen können.

Der dänische Biologe Mouritsen ist seit zwei Jahren in Oldenburg tätig. Er kooperiert eng mit der Neurobiologiegruppe um Prof. Dr. Reto Weiler im Rahmen des Sonderforschungsbereichs Neurokognition, der gemeinsam von den Universitäten Oldenburg und Bremen getragen wird.
Nadine Diekmann

Lessing-Edition geplant

Nach Ossietzky und Tucholsky dritte Werksausgabe

Ein neues großes Editionsvorhaben steht in Oldenburg an: Geplant ist die Herausgabe der Gesammelten Schriften Theodor Lessings (1872-1933), der zu den großen kritischen Publizisten der Weimarer Republik gehört. Schon mit den Editionen der Werke Carl von Ossietzkys und Kurt Tucholskys hat die Universität Oldenburger nach einhelliger Expertenmeinung wichtige Akzente in der Aufarbeitung der politischen und publizistischen Geschichte der Weimarer Republik gesetzt. Die Oldenburger Editionswissenschaft fand auch dadurch Anerkennung, dass neue Projekte von außen an sie herangetragen wurden. Dazu gehört das inzwischen etablierte Hannah Arendt-Zentrum. Während die Herausgabe der sechsbändigen Ossietzky-Gesamtausgabe 1994 abgeschlossen wurde, sind von den 22 geplanten Bänden der Tucholsky-Gesamtausgabe inzwischen 15 erschienen. Die editorische Arbeit der Ossietzky/Tucholsky-Forschungsstelle an der Universität wird in der wissenschaftlichen Werkausgabe Theodor Lessings ihre Fortsetzung finden.

Die Anregung zu dieser Werkausgabe geht auf Dr. Rainer Marwedel zurück, der 1990 für seine Lessing-Biografie den Carl von Ossietzky-Preis der Stadt Oldenburg erhielt und auch an der Erarbeitung der Ausgabe mitwirken wird. Eine bemerkenswerte Zufälligkeit ist, dass der Enkel Theodor Lessings der Oldenburger Informatiker Prof. Dr. Peter Gorny ist, dessen Familienarchiv schon für die Vorarbeiten genutzt werden konnte.

Mit der Lessing-Ausgabe übernimmt eine neue WissenschaftlerInnengeneration die Arbeit an Editionsprojekten der Universität Oldenburg. Der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Gerhard Kraiker wird mit Antje Bonitz die Tucholsky-Edition zu Ende führen, das neue Projekt wird die Literaturwissenschaftlerin Prof. Dr. Sabine Doering leiten. Kraiker sowie der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Joachim Perels (Universität Hannover) werden das Editionsvorhaben beratend begleiten.

Lessing, der aus Hannover stammte und 1933 von den Nationalsozialisten ermordet wurde, wurde u.a. bekannt durch seine 1925 erschienene Studie über den Serienmörder Fritz Haarmann. Auch die Schrift „Der jüdische Selbsthaß“ von 1930 gehört noch heute zu den bekannteren Werken. Lessings philosophische Arbeiten dagegen sind nur einem engen Fachpublikum vertraut. Weniger bekannt ist auch, dass der Philosoph zugleich als Mediziner, Pädagoge und Psychologe, als Dichter, als Theaterkritiker und -theoretiker sowie als politischer Publizist schriftstellerisch tätig war.

Bei Theodor Lessing handelt es sich um einen Autor, der in seinem die Grenzziehungen wissenschaftlicher Disziplinen überschreitenden Denken und Schreiben als Kulturwissenschaftler schlechthin gelten kann. Sein Werk spiegelt in der kritischen Akzentuierung der Modernisierungsprozesse in beeindruckender Weise die intellektuellen, kulturellen, sozialen und politischen Umbrüche der Moderne in Kaiserreich und Weimarer Republik wider und kann in vieler Hinsicht als originärer Beitrag zu der seinerzeit schon begonnenen Debatte um die Dialektik der Aufklärung gelten. Und nicht zuletzt zeigen sich in Lessings Werk die Probleme jüdischer Assimilation/Akkulturation in Deutschland im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts.

Unterschätzte Gafahrenpotenziale

Symposium zu Kombinationswirkungen von Umweltgiften

Wie stark haben die bisherigen Kenntnisse über die Kombinationswirkungen chemischer und physikalischer Stressoren Eingang in den aktuellen Arbeits- und Umweltschutz gefunden und wie können sie künftig noch besser berücksichtigt werden? Mit diesen Fragen beschäftigten sich an der Universität Oldenburg 50 ExpertInnen aus Behörden, Wirtschaft, Gewerkschaft und Forschung. Sie waren zu Gast bei dem ersten Symposium des Promotionskollegs „Toxische Kombinationswirkungen“, das von den Universitäten Oldenburg und Bremen sowie der Hans-Böckler-Stiftung des Deutschen Gewerkschaftsbundes getragen wird.

Schäden für Mensch und Umwelt werden bisher fast ausschließlich auf der Basis der Wirkungen von Einzelstoffen beurteilt. In der Realität kommen Schadstoffe aber zumeist in Gemischen in der Umwelt bzw. am Arbeitsplatz vor. Diese Erkenntnis hat sich in der Praxis des Umwelt- und Arbeitsschutzes jedoch bislang kaum durchgesetzt. So nehmen Ärzte Gesundheitsschäden durch Umweltgifte oft nicht ernst, da die Belastung durch die nachgewiesenen einzelnen Umweltgifte zu gering scheint. Unberücksichtigt bleibt dabei, dass mehrere Substanzen und ihre Abbauprodukte in Kombination meist ein größeres Schadenspotenzial zur Folge haben. Bei Lösungsmitteln sind toxische Kombinationswirkungen auf den Menschen anhand von Ergebnissen, die am Menschen gewonnen wurden, eindeutig belegt. Bei Bioziden, z.B. Pflanzenschutzmitteln, konnte der Nachweis bisher ausschließlich an menschlichen Zellen im Reagenzglas geführt werden.

Fazit der Tagung: Während das Wissen über toxische Kombinationswirkungen zunehmend an Bedeutung für den Arbeits- und Umweltschutz gewinnt, ist die Umsetzung in die Praxis bisher schwierig und zeitaufwändig.

www.toxkom.uni-oldenburg.de

 

(Stand: 19.01.2024)  | 
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