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Inhalt 2/2010

Forschung

Globalisierung: Bioinvasion über die fünf Weltmeere

Oldenburger Wissenschaftler entwickeln Modelle zur Artenausbreitung

Die Pazifische Auster im norddeutschen Wattenmeer, die Zebramuschel aus dem Kaspischen Meer in den Großen Seen Amerikas, die chinesische Wollhandkrabbe im Rhein: Sie sind Beispiele für bioinvasive Arten, die in Ökosysteme eindringen, in die sie nicht gehören. Dort verbreiten sie Chaos und verursachen Schäden in Milliardenhöhe. Doch wie gelangen sie dorthin? Die Antwort scheint simpel. Sie werden oft als blinde Passagiere auf Frachtschiffen um die halbe Welt transportiert. Die Forschergruppe um Prof. Dr. Bernd Blasius, Hochschullehrer für Mathematische Modellierung am Institut für Chemie und Biologie des Meeres (ICBM), nahm sich des Problems an und publizierte kürzlich in der Zeitschrift Journal of The Royal Society Interface den Aufsatz „The Complex Network of Global Cargo Ship Movements“. Mithilfe komplexer Computer-Modelle haben die WissenschaftlerInnen die Routen der Frachtschiffe durch die fünf Weltmeere analysiert. Dabei stellten sie fest, dass der Schiffsverkehr einem mathematischen Muster folgt. Dieses zeigt die Ausmaße der Bedrohung durch invasive Arten auf und macht die Ausbreitung der Organismen quantifizierbar.

Die stetige Intensivierung des globalen Schiffsverkehrs führt ungewollt zur weltweiten Ausbreitung bestimmter Arten. Allein in der Nordsee leben inzwischen mehr als 200 Arten, die hauptsächlich durch Schiffe eingeschleppt wurden.

Bioinvasion ist nicht auf marine Organismen, Schiffe oder bestimmte Regionen beschränkt. Es ist ein weltweites Problem, das mittlerweile jedes Land betrifft und langfristig zu einer globalen Homogenisierung, aber auch Gefährdung von Ökosystemen führt. Einmal eingewandert lassen sich invasive Arten nur schwer ausrotten oder kontrollieren. „Die effektivste Strategie liegt in der Vermeidung von Bioinvasion“, erklärt Blasius. Es sei unmöglich, alle Schiffe zu kontrollieren, deshalb solle eine effektive Prävention auf Hochrisiko-Schiffe und -Häfen abzielen. Bisher scheiterten solche Versuche an fehlenden Kenntnissen über die globale Ausbreitungsdynamik potenziell invasiver Arten.

Die Oldenburger ForscherInnen haben diese Kenntnislücke ein Stück weit geschlossen. Seit 2003 werden alle größeren Schiffe mit Transpondern ausgerüstet, die spezifische Daten wie Standort, Datum und Schiffsidentität an fest installierte Stationen senden. Auf Basis dieser Daten erstellten sie ein Netzwerk der globalen Schiffsbewegungen. Insgesamt beinhaltet der Datensatz etwa 1.000 Häfen, 16.000 Schiffe und 500.000 Schiffsbewegungen. Daraus ergibt sich ein komplexes Knäuel an Verbindungen.

Die Ausbreitungsmuster auf diesem komplexen Netzwerk sind in der Regel äußerst kompliziert und lassen sich ohne Computersimulation nicht vorhersagen. Die Forschergruppe entwickelt nun ausgehend von diesen Erkenntnissen weitere Modelle zur Simulation von möglichen Invasionsszenarien und zur Berechnung des Risikos von Bioinvasion auf spezifischen Routen und für bestimmte Regionen. Außerdem soll das marine Schiffnetzwerk mit anderen Verkehrsnetzwerken wie Flugverbindungen oder Binnenschifffahrten kombiniert werden. Das Ziel ist eine vollständige Bewertung des Risikos einer Bioinvasion anhand der Charakterisierung der Warenflüsse im globalen Welthandel.

Auftrieb für Windenergie

Martin Kühn nimmt Ruf auf neu geschaffenen Stiftungslehrstuhl an

Als „Paukenschlag“ zum Jahreswechsel bezeichnete der Vizepräsident für Forschung, Prof. Dr. Dr. h.c. H.-Jürgen Appelrath, die Rufannahme von Prof. Dr. Martin Kühn (Foto) auf den neu geschaffenen Stiftungslehrstuhl „Windenergiesysteme“. Kühn, für Niedersachsens Wissenschaftsminister Lutz Stratmann „vielleicht der renommierteste Forscher auf seinem Gebiet“, verfügt über langjährige Erfahrungen in der internationalen Windenergiebranche und hatte bisher einen Stiftungslehrstuhl an der Universität Stuttgart inne. Seine Lehr- und Forschertätigkeit in Oldenburg, ermöglicht durch die Unterstützung des Landes Niedersachsen und der EWE AG, beginnt Anfang April. „Mit der Professur ergänzen wir die Oldenburger Windenergieforschung entscheidend – und sehen neben der Zusammenarbeit in der Physik auch hervorragende Kooperationsmöglichkeiten mit weiteren Arbeitsgruppen in den Naturwissenschaften und der Informatik“, so Appelrath.

Die Fäden des weit gespannten Oldenburger Netzes der Windenergie zusammenzuführen, wird eine der vielen Aufgaben Kühns sein. Er werde die Lehrangebote im Bachelor-, Master- und Weiterbildungsstudium erweitern und den infrastrukturellen Ausbau der Windenergieforschung voranbringen – und dabei naturwissenschaftliche mit ingenieurwissenschaftlichen Ansätzen verbinden, betonte er.

Wie verhalten sich Windenergieanlagen dynamisch in den komplexen Strömungsbedingungen von Windparks? Wie können die großen Offshore-Windparks mit ihren hunderten individuellen Einheiten so konzipiert werden, dass sie zuverlässig wie ein einziges konventionelles Kraftwerk betrieben werden können? Zur Beantwortung solcher und anderer Fragen, so Kühn, seien im Verbund Laboruntersuchungen und Simulationen an Großrechnern sowie neuartige Mess- und Überwachungsverfahren an modernen Windenergieanlagen geplant.

Auf dem hoch kompetitiven Feld der Windenergieforschung will die Universität mit der Professur „Windenergiesysteme“ langfristig Zeichen setzen. Die Planungen für den Lehrstuhl seien auf einen Zeitraum von mindestens 20 Jahren angelegt, sagte Appelrath. Ziel sei es, bei erfolgreicher Einwerbung von Drittmitteln schon bald bis zu 20 Stellen zu schaffen. Auf den ersten Paukenschlag würde so, auch im Zusammenspiel mit anderen Akteuren der Oldenburger Energieforschung, ein abgestimmtes Symphoniekonzert folgen.

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Leitbild Chamäleon

Strategien zur Anpassung an die Umwelt

Ist die Energie- und Verkehrsversorgung in Deutschland für die Folgen des Klimawandels gewappnet? Wie müssen politische und betriebliche Entscheidungen aufeinander abgestimmt werden, damit sich die öffentliche Versorgung auf die sich verändernden Bedingungen einstellen kann? Mit diesen Fragen setzt sich die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Nachwuchsgruppe „Chamäleon“ auseinander, die kürzlich ihre Arbeit am Department für Wirtschafts- und Rechtswissenschaften aufgenommen hat. Das Projekt hat eine Laufzeit von vier Jahren.

„Das Chamäleon ist unser Leitbild, weil es verschiedene Strategien zur Anpassung an seine Umwelt entwickelt hat“, sagt Prof. Dr. Klaus Eisenack, Hochschullehrer für Umwelt- und Entwicklungsökonomie, der die achtköpfige Gruppe leitet. Sie besteht aus einem Physiker, einer Politikwissenschaftlerin, einer Soziologin und Wirtschaftswissenschaftlern, die an der Universität Oldenburg und in Berlin am Institut für Ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) tätig sind.

Die NachwuchswissenschaftlerInnen beschäftigen sich insbesondere mit dem Spannungsfeld zwischen betrieblichem und staatlichem Handeln. Um die Risiken durch häufigere Störungen in Folge von Extremwetterereignissen einzuschätzen, werden volkswirtschaftliche und politische Instrumente analysiert und mit Klimaszenarien verknüpft.

Kooperationspartner aus der Wirtschaft sind die Deutsche Bahn, Fraport, RWE und die HEAG Südhessische Energie. Eine enge Zusammenarbeit mit den jeweiligen Branchenverbänden und der Politik ist ein weiterer wichtiger Bestandteil des Projekts. Weitere Kooperationspartner sind u.a. die US-amerikanische Wirtschaftswissenschaftlerin Elinor Ostrom, die 2009 als erste Frau den Wirtschaftsnobelpreis erhielt, das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und das Kompetenzzentrum für Klimafolgen und Anpassung am Umweltbundesamt.

www.chamaeleon-projekt.de

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Mittel für mehr Drittmittel

Interne Forschungsförderung geplant

Welche Strategie zur Einwerbung von Drittmitteln ist die richtige? Zur Diskussion dieser und weiterer Fragen rund um das Thema Drittmittel lud die Stabsstelle Forschung Ende vergangenen Jahres Dekane und WissenschaftlerInnen ein. 25 TeilnehmerInnen diskutierten zudem, wie eine interne Forschungsförderung aussehen kann.

Grundlage waren Zahlen zu den Drittmitteln. 17,7 Millionen € wurden jeweils 2003 und 2004 eingeworben. 2006 sanken die Drittmittel auf 14,8 Millionen €, seit 2007 steigen sie wieder. Kontinuierlich gestiegen sind die in Forschungsprojekten der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) verausgabten Mittel – und damit auch die Overheadpauschale der DFG von jeweils 20 Prozent der Förderbeiträge. „Dieses relativ frei verfügbare Geld möchten wir künftig im Rahmen einer überarbeiteten Forschungsförderstrategie einsetzen“, so Vizepräsident Prof. Dr. Dr. h.c. H.-Jürgen Appelrath. Auf dem Weg dahin werden zunächst die Fakultäten die Referate und Ergebnisse des Workshops ergänzen und kommentieren. Auf Basis des vervollständigten Materials sollten dann Vorschläge für ein internes Forschungsförderungskonzept ausgearbeitet werden, so Appelrath.

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Keine Förderung für "germanwind"

"germanwind“ konnte sich nicht gegen die starke Konkurrenz durchsetzen: Beim Spitzenclusterwettbewerb des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gehörte das Windenergie-Cluster zu den zehn Finalisten, ging aber am Ende leer aus. Der Vorsitzende der Jury lobte dennoch das Konzept der Forschungsgruppe aus dem Nordwesten. Es sei bis zuletzt im Rennen gewesen. Bundesforschungsministerin Dr. Annette Schavan riet „germanwind“ weiter an ihren Ideen zu arbeiten. Alternative Energien seien ein Top-Thema in der vom Bund ausgerufenen „Hightechstrategie“. In dem Windenergie-Cluster hatten sich mehr als 150 Forschungseinrichtungen, Unternehmen und Institutionen rund um Oldenburg, Bremen und Bremerhaven zusammengeschlossen, um die Windenergie zu einer Schlüsselindustrie des 21. Jahrhunderts auszubauen.

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(Stand: 19.01.2024)  | 
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