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Hochschulzeitung UNI-INFO

Inhalt 7/2010

Kultur

Der Moment der Performance

Querdenkerisches Chorprojekt "The 17" zum ersten Mal in Deutschland

Oldenburg, ein verregneter Sonntagmittag im August. Hundert durchnässte Menschen drängen sich vor dem Haupteingang des Oldenburger Bahnhofs. Vor ihnen steht ein großer, älterer Mann im gelben Friesennerz und hält eine Ansprache: „Es geht darum, dass ihr die Musik erlebt habt, ein Teil von ,The17’ geworden seid.“ Der Mann ist Bill Drummond, schottischer Künstler und ehemaliges Mitglied der Kultband The-KLF. Er kam auf Einladung von Thomas Schopp vom Forschungsschwerpunkt „Musik und Medien“ des Instituts für Musik nach Oldenburg, um hier zum ersten Mal in Deutschland sein experimentelles Chorprojekt „The17“ aufzuführen. „The 17“ ist Drummonds künstlerische Auseinandersetzung mit der digitalen Musikkultur der Gegenwart, seine Antwort auf die massenhafte Verfügbarkeit und Beliebigkeit digitaler Musik. Keine Tonaufnahmen, keine Filmaufnahmen gibt es von „The17“. Das Einzige, das zähle, sei der Moment der Performance, an den sich die TeilnehmerInnen auch noch Jahrzehnte später erinnern sollen, so Drummond, der 1994 von sich reden machte, als er auf der Schottischen Insel Jura eine Million Pfund im Rahmen eines Kunstprojekts verbrannte.

In Oldenburg führte der Querdenker seine Partitur „Surround 2.0“ auf. Auf einer Strecke von fünf Kilometern gaben die TeilnehmerInnen in einer Art „Stille Post“-Prinzip eine Tonfolge weiter. Auf diese Weise sollte ein auditives Leuchtfeuer durch die Oldenburger Innenstadt lodern.

Der Künstler positionierte alle 50 Meter ein Chormitglied. Für dieses hieß es dann warten. Warten bis die zwei Töne kamen. Warten bei strömendem Regen. Und diese zwei Töne erreichten dann auch irgendwann, nach mehr als einer Stunde Wartezeit, die TeilnehmerInnen. Ob es die Töne waren, die Drummond höchstpersönlich losschickte, oder ob sie das Produkt eines Frühstarts durch eine übereifrige TeilnehmerIn waren – es konnte nicht mehr festgestellt werden. Aber das spielte zu diesem Zeitpunkt keine Rolle mehr, schließlich hatte jeder der 100 SängerInnen sein eigenes, persönliches Erlebnis mit „The17“. (tk)

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(Stand: 19.01.2024)  | 
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