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Hochschulpolitik
- Juniorprofessur
- "Keine Zeit zur Kontemplation"
Erfahrungen mit einem neuen Modell
- Pilotprojekt zu Zielvereinbarungen
Hochschulsport als Vorreiter im Strategieprozess
Juniorprofessur - "Keine Zeit zur Kontemplation"
Erfahrungen
mit einem neuen Modell
Seit 2002 gibt es in Deutschland JuniorprofessorInnen. Mit der Einführung dieser neuen Professur soll der wissenschaftliche Nachwuchs gefördert und das Berufungsalter herabgesetzt werden. An der Universität Oldenburg sind inzwischen 23 JuniorprofessorInnen tätig, die sich auf alle Fakultäten verteilen. UNI-INFO sprach mit den beiden JuniorprofessorInnen Dr. Anke Spies und Dr. Bernd Siebenhüner. Spies, seit November 2003 in Oldenburg, ist am Institut für Pädagogik für Schulsozialarbeit und Schulbezogene Kinder- und Jugendhilfe zuständig. Siebenhüner, seit Juni 2002 in Oldenburg, hat eine Juniorprofessur für Ökologische Ökonomie am Institut für Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftspädagogik inne, wo er eine Forschernachwuchsgruppe leitet.
Zufrieden mit der Universität Oldenburg: Prof. Dr. Anke Spies und Prof. Dr. Bernd Siebenhüner. |
UNI-INFO:
Nach den Vorstellungen der Bundesregierung sollte die Juniorprofessur den traditionellen
Habilitationsweg für die Qualifikation zum Hochschullehrer ersetzen. Aufgrund
der Klage einiger Bundesländer hat das Bundesverfassungsgericht im Sommer
2004 entschieden, dass die Habilitation auch weiterhin Bestand hat. Das bedeutet,
dass man in Deutschland auf längere Sicht vermutlich beide Qualifikationswege
haben wird. Was ist denn der Unterschied zwischen Juniorprofessur und Habilitation?
SIEBENHÜNER:
Voraussetzung für beide Wege ist die Promotion. Der Normalfall bei der Habilitation
ist eine C1-Stelle, bei der der eindeutige Schwerpunkt die Forschung ist. Man
ist einem Professor oder einer Professorin zugeordnet, und nach sechs, manchmal
aber auch erst nach acht oder neun Jahren habilitiert man sich, wobei ein aufwändiges
Prüfungsverfahren zu durchlaufen ist. Dagegen bietet die Juniorprofessur,
die über sechs Jahre läuft, die Möglichkeit, von Anfang an eigenständig
im Professorenstatus tätig zu werden und sich entsprechend zu qualifizieren,
und zwar nicht nur in der Forschung, sondern auch in den Bereichen Lehre, Drittmitteleinwerbung,
Nachwuchsförderung und universitäres Engagement, also Gremienarbeit.
Nach zweieinhalb bis drei Jahren gibt es eine Zwischenevaluation
UNI-INFO:
Und Sie sind niemandem zugeordnet?
SIEBENHÜNER: Nein, wir sind eigenständig
und lediglich dem Dekan unterstellt und haben auch das Promotionsrecht.
UNI-INFO:
Und was ist nach den sechs Jahren?
SIEBENHÜNER: Nach dem jetzigen
Modell ist dann Schluss, allerdings gibt es auch Überlegungen, ob man die
Juniorprofessur nicht mit dem so genannten Tenure Track verbindet. So wird es
schon jetzt in Bremen und einigen anderen Universitäten gehandhabt. Das Tenure-Track-Modell
bietet die Möglichkeit einer Dauerstelle entsprechend dem angloamerikanischen
Modell des Assistant Professors. Hier erfolgt nach sechs Jahren eine sehr harte
Evaluation, und wenn man die erfolgreich überstanden hat, erhält man
eine Dauerstelle. Der Vorteil für die Universitäten ist, dass sie die
Wissenschaftler genau kennen und nicht so ein hohes Risiko eingehen, jemanden
zu berufen, der sich, wie sonst üblich, nur aufgrund eines Bewerbungsgesprächs
und eines Vortrags vorstellt hat - und bei dem sich ja erst hinterher herausstellt,
wie gut oder eben nicht so gut er eigentlich in die Universität passt.
UNI-INFO:
Können Sie sich auch schon vor Ablauf der Juniorprofessur auf eine ordentliche
Professur bewerben?
SIEBENHÜNER: Ja. Wir hatten hier schon einen derartigen
Fall, meine Kollegin Claudia Kemfert ist aus einer Juniorprofessur auf eine C4-Stelle
in Berlin berufen worden. Also es ist schon möglich, hängt aber von
der Rechtslage in den Bundesländern ab.
SPIES: Manche Disziplinen
sind nach wie vor sehr traditionsorientiert und verlangen - wenn auch eher informell
bzw. mehr oder weniger deutlich nach außen kommuniziert - eine Habilitation.
Das gilt insgesamt eher für die Geisteswissenschaften als für die Naturwissenschaften.
UNI-INFO: Wie ist die Bezahlung?
SPIES: In den ersten drei Jahren
ist die W(issenschaft)1-Einstufung die Besoldungsgrundlage. Das entspricht im
Wesentlichen der C1-Einstufung. Allerdings spielt bei dem neuen Besoldungsrecht,
das inzwischen ja auch für viele reguläre Professorenstellen gilt, das
Lebensalter keine Rolle mehr. D.h. für jüngere Beschäftigte ist
es jetzt günstiger, für ältere ungünstiger. Die leistungsabhängigen
Bonuszahlungen sind m.W. noch nicht abschließend geklärt.
UNI-INFO:
Eine Qualifikation in sechs Jahren, dazu ein unabhängiges Arbeiten - das
klingt doch danach, dass die Juniorprofessur erhebliche Verbesserungen im Vergleich
zur Habilitation bietet?
SPIES: Ob die Bedingungen wirklich besser sind,
kann erst in ein paar Jahren im Vergleich diskutiert werden, u.a. weil die Anforderungen
sehr unterschiedlich sind. Wenn ich bei der Habilitation z.B. sechs Jahre an einem
Forschungsthema arbeiten kann und ansonsten nur zwei Lehrveranstaltungen machen
muss, die sich auch noch auf mein Forschungsgebiet beziehen, dann habe ich ganz
andere Arbeitsvoraussetzungen als bei der Juniorprofessur, wo ich zunächst
die Drittmittel für meine Forschungsarbeiten einwerben, viel veröffentlichen
und präsent auf allen Ebenen sein muss. Andererseits sah und sieht es so
aus, dass viele Habilitanden sehr viel für ihre Professoren und Professorinnen
arbeiten müssen und in der Praxis gar nicht unbedingt so ungestört
zu ihrem eigentlich Thema kommen. Dass wir hier unabhängig sind, hat sicher
seine großen Vorteile.
UNI-INFO: Und wie ist Ihr Verhältnis
zu denen, die sich habilitiert haben bzw. sich derzeit noch habilitieren?
SPIES:
Hier in Oldenburg ist das Verhältnis nach meinen Erfahrungen recht unproblematisch.
Überregional habe ich dazu bislang kaum Rückmeldungen. Probleme gab
es sicher in der Vergangenheit, als viele derjenigen, die sich in der Habilitationsphase
befanden oder befinden, befürchteten, dass ihre Qualifikation in Zukunft
nichts mehr wert sein würde. Aber das ist ja nun nicht mehr der Fall.
UNI-INFO:
Und wie stehen die anderen Hochschullehrerinnen und -lehrer zu Ihnen?
SPIES:
Auch von denen werden wir in der Regel als gleichwertig wahrgenommen. Anders sieht
es dagegen in der Scientific Community, also in der Fachdisziplin, aus. Etwa im
Bereich der Sozialpädagogik, also in meinem Fach, wird die Juniorprofessur
tendenziell eher ignoriert. Hier gibt es nach meiner Erfahrung noch deutliche
Vorbehalte.
SIEBENHÜNER: Ich fühle mich auch sehr wohl in dieser
Position, es sind hohe Anforderungen, man hat viel zu tun, ist viel unterwegs,
hat wenig Zeit zur Kontemplation und ist so ein bisschen das, was die taz
am Anfang geschrieben hat, nämlich Schlaumeier in Eile. Auf der
anderen Seite gibt es einfach sehr viele Gestaltungsmöglichkeiten und wir
bekommen auch Anerkennung, und zwar auch von etablierter Seite.
SPIES:
Wir werden hier in Oldenburg - das ist mein Eindruck - als innovatives Potenzial
wahrgenommen, das hängt sicher mit unserem Gestaltungsspielraum zusammen
und auch damit, dass wir selbst dafür verantwortlich sind, uns die entsprechende
Anerkennung zu holen.
UNI-INFO: Wie gefällt es Ihnen an der Universität
Oldenburg?
SPIES: Gut, ich erlebe viel Kooperationsgemeinschaft und schätze
die Vielfalt der Möglichkeiten, die hier gegeben sind.
SIEBENHÜNER:
Mir gefällt vor allem der Stil hier an der Uni, die ich als sehr dynamisch
und kooperativ wahrnehme. Ich habe andere Hochschulen kennen gelernt, die sehr
hierarchisch strukturiert waren, wo es sehr viele Kleinkriege gab, die ja oft
auch Ressourcen kosten können. Und das erleb ich hier überhaupt nicht.
In
Kürze erscheint ein Buch, in dem Oldenburger JuniorprofessorInnen berichten:
Juniorprofessuren an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg.
Entwicklung, Stand und Perspektiven der Forschung einer neuen Hochschulgeneration,
Hrsg. Smilla Ebeling und Dirk Lange, BIS-Verlag.
Pilotprojekt zu Zielvereinbarungen
Hochschulsport
als Vorreiter im Strategieprozess
Noch bis Ende Mai werden sich die
Fakultäten auf der Grundlage des aktuellen Leitbildentwurfs mit der eigenen
Strategie- und Zielsetzung beschäftigen. Die Fakultätsratssitzungen
am 1. Juni sollen dann den Schlusspunkt der Diskussionen bilden. Inhaltlich begleitet
wird der Prozess durch die Lenkungsgruppe, die sich am 17. Februar 2005 konstituierte.
Nach der für Juni geplanten Zusammenführung der Fakultätsstrategien
und ihrer Abgleichung mit dem Leitbildentwurf soll im Juli die Verabschiedung
des Leitbilds und der Gesamtstrategie durch den Senat erfolgen. Der von Präsident
Prof. Dr. Uwe Schneidewind eingeleitete Prozess wird dann mit der Umsetzung der
Ziele fortgesetzt.
Ab August stehen erste Zielvereinbarungsverhandlungen
zwischen dem Präsidium und den Fakultäten, Zentralen Einrichtungen und
der Verwaltung auf dem Programm. Noch in diesem Jahr sollen die ersten Zielvereinbarungen
(ZV) mit einzelnen Organisationseinheiten abgeschlossen werden.
Wie
eine Zielvereinbarung entstehen kann, zeigt ein erfolgreiches Pilotprojekt mit
der Zentralen Einrichtung Hochschulsport (ZEH), das inzwischen kurz vor dem Abschluss
steht. Seit November 2004 hatte ZEH-Leiter Dr. Martin Hillebrecht (Foto) gemeinsam
mit einer Gruppe, der auch die Vizepräsidentin für Verwaltung und Finanzen,
Gerlinde Walter, sowie VertreterInnen des Dezernats 2 Finanzen und des Dezernats
5 Planung angehörten, an der Zielvereinbarung gearbeitet. Nach einer Analyse
der Ausgangssituation (Stärken, Schwächen, Chancen, Risiken, Entwicklungskonzept)
wurde zunächst ein Leitbild definiert. In der Folge wurden die strategische
Ausrichtung und drei strategische Ziele festgelegt. Die Auswahl von Kennzahlen
und die Festlegung von Zielwerten schloss sich an.
Als strategische
Ziele wurden definiert:
- Die Attraktivität der Sport- und Bewegungsangebote
soll sichergestellt werden. Als Messgröße dient die durchschnittliche
Zahl der NutzerInnen pro Woche,die im vergangenen Jahr bei rund 6.500 pro Semesterwoche
lag und auf diesem hohen Niveau gehalten werden soll.
- Die Qualität
des Sport- und Bewegungsangebots soll gesichert werden.Messgröße ist
hier die Kundenzufriedenheit, die durch externe und interne Befragungen ermittelt
werden soll. Laut CHE-Studie gehört die ZEH zur Spitzengruppe der deutschen
Hochschulsporteinrichtungen.
- Das Kosten- und Leistungsverhältnis
soll optimiert werden. Als Messgröße dient der mittlere Deckungsgrad
der Primärkosten durch eigene Einnahmen, der von 85 Prozent (2002-2004) auf
einen Zielwert von 89 Prozent (2005-2007) erhöht werden soll.
Als
ausgesprochen positiven Effekt des Prozesses bezeichnete Hillebrecht die Schärfung
des Blicks auf die eigene Einrichtung durch das Lösen aus dem Alltagsgeschäft.
Außerdem hat die Moderation durch eine Person, die nicht zur Organisationseinheit
gehört und gleichzeitig die Methoden eines solchen Prozesses beherrscht,
viele Vorteile gehabt und deutlich zum Erfolg beigetragen, sagte Hillebrecht
in diesem Zusammenhang. Die Diskussionen seien dennoch natürlich nicht ohne
Rückschritte und diskursive Schleifen abgelaufen. Insbesondere die Reduktion
auf eine geringe Anzahl von Zielen sei nicht leicht, aber letztlich machbar gewesen.
Der
Pilotversuch hat eindrucksvoll gezeigt, dass es gelingen kann, Zielvereinbarungen
als einen vertrauensvollen und ergebnisoffenen Prozess zu gestalten - mit Verbindlichkeit
und Verlässlichkeit auf beiden Seiten, bewertet auch Walter den Prozess
positiv. Universitätspräsident Prof. Dr. Uwe Schneidewind ist mit dem
Ergebnis ebenfalls sehr zufrieden und sprach der Gruppe seine Anerkennung aus.
Wir haben viel gelernt und können von diesen Erfahrungen in den anstehenden
Diskussionen nur profitieren. Als wichtig erachte er insbesondere, den Organisationseinheiten
einen klaren Strukturierungsvorschlag für den Prozess an die Hand zu geben
und sowohl Sanktions- als auch Anreizmechanismen frühzeitig transparent zu
machen. Nur so sei langfristig eine vertrauensvolle Zusammenarbeit möglich.