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Berufspraxis spart Studienzeit

Universität erkennt "informelle" Kompetenzen an

Michael Müllmann ist Unternehmer. Und er ist Student. 1982 gründete er das international tätige Unternehmen Sport Import GmbH, dessen Stammgeschäft von jeher der Import von „Sport“-rädern und Zubehör sowie der bundesweite Vertrieb an den Fahrradfachhandel ist. „Ganz nebenbei“ studiert Müllmann (47) an der Universität Oldenburg in dem weiterbildenden Bachelor-Studiengang „Business Administration“ für ManagerInnen in mittelständischen Unternehmen.

Michael Müllmann in seiner Firma in Edewecht: Seine beruflichen Erfahrungen als Unternehmer kann er sich auf sein jetziges Studium anrechnen lassen.
Foto: Peter Duddek


In 25 Jahren Selbstständigkeit hat der BMX- und Mountainbike-Experte eine Vielzahl beruflicher Kompetenzen gesammelt. Dass er diese Fähigkeiten, die nur schwer nachweisbar sind, für sein Studium dennoch anrechnen lassen kann, hat in Deutschland bisher Seltenheitswert (siehe auch nebenstehendes Interview). Potenzielle Arbeitgeber und weiterführende Bildungsinstitutionen interessiert es in der Regel nicht, welche Zusatzqualifikationen jemand mitbringt - es sei denn, sie können durch Zertifikate für erfolgreich besuchte Aus- und Weiterbildungen belegt werden. An der Universität Oldenburg ist das anders. Hier gibt es inzwischen ein Verfahren zur Anrechnung informell erworbener Kompetenzen auf Hochschulstudiengänge. Müllmann ist der erste, der es durchlaufen hat. Ergebnis: Er „spart“ das Studienmodul „Unternehmensgründung, -führung, -übernahme“ und verkürzt damit seine Studiendauer.

„Im Prinzip habe ich mir alle Kenntnisse, die für die Gründung und die Umstrukturierungen meines Unternehmens im Laufe der Jahre notwendig waren, selbst angeeignet. Mein damaliges BWL-Studium konnte ich nicht abschließen, weil mein neu gegründetes Unternehmen so schnell expandierte, dass ich dort meine ganze Zeit investieren musste“, erinnert sich Müllmann. Nun holt er den verpassten Abschluss nach und bringt sein Management-Wissen auf den neuesten Stand. „Mit den praxisnahen Studieninhalten kann ich mein Unternehmen nachhaltig auf den Wettbewerb vorbereiten,“ bestätigt der Geschäftsmann.
Allerdings sei das nebenberufliche Studium kein Kinderspiel, denn das Lernen nach Feierabend erfordere viel Disziplin. Umso wichtiger sei es, dass er durch die neue Anrechnungsmöglichkeit jetzt Zeit sparen könne. „Das macht ein berufsbegleitendes Studium für Viele sicher noch attraktiver“, so Müllmanns Vermutung.

"Das System muss durchlässiger werden"

Anke Hanft über die Anrechnung von Kompetenzen

Wer erst in den Beruf geht und dann studiert bringt schon eine Vielzahl von Kompetenzen mit. Eine Anrechnung auf das Studium ist an deutschen Hochschulen aber bisher kaum möglich. Prof. Dr. Anke Hanft, Leiterin des Arbeitsbereichs Weiterbildung und Bildungsmanagement (we.b) der Universität Oldenburg, stellt die gängige Praxis in Frage.

UNI-INFO: Frau Hanft, Sie machen sich dafür stark, dass sich Studierende künftig Kompetenzen, die sie in einer Berufstätigkeit erworben haben, auf ihr Studium anrechnen lassen können.

HANFT: Das ist richtig. Aus meiner Sicht ist es nicht mehr zeitgemäß, dass sich deutsche Hochschulen fast ausschließlich auf Studierende ausrichten, die den traditionellen Weg - also: Abitur, Studium, Beruf - gehen. Schon heute, und in Zukunft noch viel mehr, wächst der Anteil derer, die bereits mit Berufserfahrungen an die Hochschulen kommen. Dafür gibt es mehrere Gründe: Erstens wählen etwa 30 Prozent der Studienberechtigten zwar zunächst einen anderen Weg, nehmen aber später doch noch ein Studium auf. Zweitens haben wir es durch die Umstellung auf Bachelor- und Masterstrukturen immer häufiger mit Studierenden zu tun, die nach dem Bachelor erstmal in den Beruf gehen und später für den Master zurückkommen. Und drittens leben wir in einer alternden Gesellschaft, die darauf angewiesen ist, dass auch Ältere sich weiter qualifizieren.

UNI-INFO: Tut sich Deutschland besonders schwer, berufspraktische Erfahrungen anzuerkennen?

HANFT: Ja. Kaum ein anderes Land verhält sich bei diesem Thema so reserviert. Das hat unsere internationale Vergleichsstudie gezeigt, die wir im Auftrag des Bundeswissenschaftsministeriums durchgeführt haben. In Großbritannien zum Beispiel haben Hochschulen Einrichtungen geschaffen, die sich ausschließlich mit der Zertifizierung von beruflichen Kompetenzen befassen. Das Durchschnittsalter der Studierenden liegt dort bei 29 Jahren, weil dort eben sehr viele berufstätige und erfahrene Menschen studieren. Bei uns liegt das Alter bei 25,5 Jahren. In Frankreich übrigens kann ein Hochschulabschluss im Extremfall sogar vollständig durch Kompetenzen erlangt werden, die im Beruf oder an anderen Orten außerhalb der Hochschule erworben wurden.

UNI-INFO: Wie wird diese Frage an der Universität Oldenburg gehandhabt?

HANFT: Als eins von zwölf Projekten in Deutschland entwickeln wir hier gerade ein Verfahren zur Anrechnung - wiederum im Auftrag des Bundeswissenschaftsministeriums und in Kooperation mit den Industrie- und Handelskammern im Nordwestraum und der Universität Bremen. Das Projekt heißt „Qualifikationsverbund Nordwest“ und wird vom Europäischen Sozialfonds finanziert. Wir werden das Verfahren zunächst modellhaft in einen berufsbegleitenden Studiengang implementieren und es - nach erfolgreicher Evaluation - anderen Hochschulen zur Übertragung anbieten. Das Interesse daran ist schon heute sehr groß, wie uns die Fülle der Anfragen zeigt.

UNI-INFO: Gibt es schon erste Ergebnisse?

HANFT: Allerdings. Es zeichnet sich ab, dass es künftig zwei Formen der Anrechnung geben wird. Die pauschale Anrechnung, bei der berufliche Ausbildungsgänge mit einer festgelegten Anzahl von Kreditpunkten anerkannt werden, und eine individuelle Anrechnung, bei der auch informell erworbene Kompetenzen angerechnet werden können. Momentan wird die Pauschalanrechnung in Zusammenarbeit mit den Kammern erarbeitet. Dabei geht es um die Qualifikationen „Betriebswirt IHK“, „Versicherungsfachwirt (IHK)“, „Industriefachwirt (IHK)“ und „Industriemeister“. Bei der Anrechnung informell erworbener Kompetenzen haben wir gerade ein erstes Anrechungsverfahren abgeschlossen.

UNI-INFO: Welche Konsequenzen haben solche Anrechnungsmöglichkeiten für die Hochschulen?

HANFT: Das Bildungssystem wird durchlässiger und das lebensbegleitende Lernen wird dadurch an Hochschulen vorangetrieben. Wenn es möglich ist, berufliche Kompetenzen anrechnen zu lassen, würden sich die Studienzeiten verkürzen. Sicher ein echter Anreiz für Berufstätige, die berufsbegleitend studieren wollen. Außerdem müssten die Hochschulen ihr Angebot erweitern und mehr Studienprogramme für Berufstätige entwickeln. Das könnte übrigens auch wichtige Impulse für die grundständigen Studiengänge bringen. In Finnland zum Beispiel gelten die Weiterbildungsbereiche als innovativer Kern der Hochschulen. Die dort entwickelten Neuerungen werden auf die grundständige Lehre übertragen.

UNI-INFO: In Oldenburg gibt es eine langjährige Tradition, sich für Berufstätige zu öffnen und ihnen das Studium zu ermöglichen.

HANFT: Ja, die Universität hatte schon immer eine große Offenheit gegenüber nicht-traditionellen Studierenden. Außerdem haben wir mit dem Zentrum für wissenschaftliche Weiterbildung und dem neu gegründeten Zentrum C3L einen Lifelong-Learning-Bereich, der in Deutschland beispielhaft sein dürfte. Diesen Wettbewerbsvorteil sollten wir nutzen, um in Zusammenarbeit mit Weiterbildungsanbietern, Hochschulen und Unternehmen die wissenschaftsnahe Qualifizierung Berufstätiger im Nordwesten voranzutreiben. Damit würden wir auch den Wirtschaftsstandort stärken. Von einer Positionierung der Universität Oldenburg als Lifelong-Learning-Universität würde ich mir auch eine Signalwirkung für andere Hochschulen erhoffen.

Ausgezeichnete Absolventen

OLB-Stiftung prämierte Abschlussarbeiten

Der Vorstandsvorsitzende der OLB-Stiftung Dr. Peter Schinzing (l.) mit den Ausgezeichneten der Universität: (v.l.) Maren Ullrich, Carsten Lange, Anne Rosa Kümmel, Hermann Neumann, Judith Flamme.


Insgesamt fünf AbsolventInnen der Universität Oldenburg wurden beim Weser-Ems-Wissenschaftspreis 2006 der OLB-Stiftung der Oldenburgischen Landesbank AG im Dezember ausgezeichnet. Zweite Plätze (jeweils 3.500 €) belegten der Germanist Dr. Carsten Lange und die Diplom-Geo- und Umweltwissenschaftlerin Judith Flamme. Dritte Preise gingen an Dr. Maren Ullrich (2.500 €) sowie Stefan Trotzky und Anne Rosa Kümmel (je 1.250 €). Darüber hinaus wurde Sascha Pust, Hermann Neumann und Anke Maria Müller eine Anerkennungen für besonders bemerkenswerte Abschlussarbeiten ausgesprochen. Die mit 5.000 € dotierten ersten Preise gingen an zwei Absolventen der Universität Osnabrück.

Prämiert wurden Dissertationen und Abschlussarbeiten an Hochschulen im Raum Weser-Ems. Dabei wurden sowohl die individuellen fachlichen Leistungen der Studierenden bewertet als auch die persönliche Leistung und die Lebenssituation. Eine Rolle spielten dabei auch die gesellschaftliche Bedeutung der Arbeiten, der Mut bei der Wahl des Ansatzes und die Fähigkeit, Themen zu entwickeln und überzeugend darzustellen.

Hohe Erwartungen an die Universität

Den StudienanfängerInnen der Universität Oldenburg sind Beratungs-angebote, strukturierte Studienpläne, transparente Studien- und Prüfungsordnungen, die zeitliche und inhaltliche Abstimmung der Lehrveranstaltungen, eine Praxisorientierung und eine intensive Betreuung durch engagierte Lehrende besonders wichtig. Das ist das Ergebnis einer Umfrage, die in der Orientierungswoche stattfand und an der sich rund 1.450 von etwa 1.800 Erstsemestern beteiligt haben.

Als weniger wichtig gaben die Befragten eine kurze Studiendauer an. Von den Zwei-Fächer-Bachelorstudierenden haben 85 Prozent derzeit das Ziel, einen Master of Education-Studiengang anzuschließen. Rund 86 Prozent der Fach-Bachelorstudierenden planen, nach dem Bachelorabschluss einen Fachmaster zu absolvieren, ca. 11 Prozent möchten hingegen direkt in das Berufsleben einsteigen.

Derzeit läuft eine Befragung der Bachelorstudierenden im 3. und 5. Semester zu dem von ihnen geplanten Bachelor-Master-Übergang und ihrer Zufriedenheit mit den Studienbedingungen und -strukturen. Weitere Ergebnisse der Erstsemesterbefragung unter:

www.uni-oldenburg.de/praesidium/studiumlehre/21473.html

@ nicola.albrecht@uni-oldenburg.de

Web-Adresse für Studienbeiträge

Unter der Web-Adresse www.uni-oldenburg.de/studium/16526.html wird künftig u.a. die Verwendung der Studienbeiträge dokumentiert. Die bisherigen Info-Angebote wurden neu und übersichtlicher strukturiert. Im Februar soll auf dieser Seite auch ein Diskussionsforum eingerichtet werden.

Lehr- und Lernforschung

Rund 85 TeilnehmerInnen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz haben sich im Rahmen des 15. Doktorandenkolloquiums der Gesellschaft für Didaktik der Chemie und Physik (GDCP) in Bad Zwischenahn mit aktuellen Fragen der fachdidaktischen Lehr- und Lernforschung beschäftigt. Organisiert wurde die Tagung von Prof. Dr. Ilka Parchmann, Dr. Falk Rieß und den Doktoranden Stefan Sundermeier (Physik) und Martin Fach (Chemie). Im Mittelpunkt der Vorträge und Diskussionen standen u. a. die Verbesserung von Unterrichtsmethoden, die Analyse von Lehrerhandeln, neue Inhalte des Physik- und Chemieunterrichts und das Erlernen naturwissenschaftlicher Arbeitsweisen im Unterricht. Finanziell unterstützt wurde die Veranstaltung von Merck KGaA-Deutschland, dem Fonds der Chemischen Industrie im Verband der Chemischen Industrie e.V. und der Universitäts-Gesellschaft Oldenburg.

Studienfinanzierung

Eine neue Beratungsstelle für alle Fragen rund um die Studienfinanzierung hat das Studentenwerk Oldenburg (SWO) eröffnet. Berater Jens Müller-Sigl prüft den Anspruch auf BAföG, informiert über Stiftungen und Organisationen, die Stipendien vergeben, oder vergleicht gemeinsam mit den Studierenden die Konditionen verschiedener Studienkredite. Die Studienfinanzierungsberatung ist Teil des neuen BeratungsCenters des SWO, das neben der Sozialberatung und der Behindertenberatung auch ein neues BAföG-Servicebüro umfasst. Zu finden ist das BeratungsCenter auf dem Campus Haarentor im Mensafoyer (zwischen Cafeteria und AStA).

www.studentenwerk-oldenburg.de/beratung

(Stand: 19.01.2024)  | 
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