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Der schwere Weg zur Künstlichen Befruchtung

Hormonbehandlungen, künstliche Befruchtung, Sex nach Zeitplan, das kann die Folge sein, wenn Frauen nicht schwanger werden und Hilfe bei GynäkologInnen suchen. Der letzte Versuch ist häufig eine In-vitro-Fertilisation (IVF), auch Retortenbefruchtung genannt. Diese Behandlungsform wird in den letzten Jahren immer häufiger angewendet. Die Soziologinnen Prof. Dr. Rosemarie Nave-Herz und Dr. Corinna Onnen-Isemann von der Universität Oldenburg haben untersucht, wie sich die Künstliche Befruchtung, insbesondere die Reagenzglasbefruchtung IVF und deren Weiterentwicklungen auf das Leben von Frauen auswirkt.

Bei der Retortenbefruchtung werden der Frau Eizellen entnommen, außerhalb des Körpers befruchtet und wieder in die Gebärmutter eingesetzt. Das klingt einfach, ist aber mit vielen einzelnen Behandlungsschritten verbunden, in deren Verlauf es häufig zu Komplikationen kommen kann. Die Patientinnen müssen mehrmals in der Woche zu Untersuchungen in Behandlungszentren oder gynäkologische Praxen fahren, die weit entfernt von ihrem Wohnort sein können. Die zeitliche Belastung ist so groß, daß viele Frauen ihren Beruf aufgeben. Nicht nur der hohe organisatorische Aufwand sondern auch die Auswirkungen aufgrund der medizinischen Intervention auf das gesamte Leben unterstützen eine Zentrierung auf den Kinderwunsch. Das Denken dreht sich nur noch um das Kind.

Aber nicht nur die medizinische Einwirkung erzeugt Streß. Problematisch ist, daß die Frauen sich in einer ständigen Warteposition befinden, jeder Behandlungsschritt ist von Unsicherheit begleitet. Sie schwanken zwischen der Hoffnung, schwanger zu werden, und der Angst vor erfolgloser Behandlung. Jede Monatsblutung wird für die Frauen zur großen Enttäuschung.

Der Streß hat Auswirkungen auf die Partnerschaft. Die Sexualität ist oft nur noch darauf ausgerichtet, ein Kind zu zeugen, Spontaneität und Gefühl bleiben auf der Strecke. Der Hormonstatus und das Stadium, in dem sich die Eizellreifung befindet, wird in Verbindung mit dem Beischlaf gemessen, untersucht wird, wieviel Spermien wohin gewandert oder auch nicht gewandert sind. Alles wird vermessen und getestet, was zur Folge hat, daß eine normale Sexualität nicht mehr möglich ist. Selbst nach Abschluß der Behandlung kann es Jahre dauern, bis sich die Sexualität wieder normalisiert.

Die Retortenbefruchtung hat aber auch körperliche Folgen. Sie ist immer mit einer Hormonbehandlung verbunden, damit die Eierstöcke möglichst viele Eier produzieren, was oft zu schwerwiegenden Nebenwirkungen führt. Onnen-Isemann berichtet über Frauen, deren Eierstöcke auf das Dreifache ihrer normalen Größe anschwollen und deren Rückbildung lange Zeit dauerte. Trotz aller Belastungen und der geringen Chance, ein Kind zu bekommen, brechen die wenigsten Frauen die Behandlung ab. Die Krankenkassen finanzieren vier Behandlungszyklen mit der IVF Methode. Fast alle Frauen schöpfen diese aus. Grund: Sie wollen sich später selbst nicht vorwerfen, sie hätten nicht alles versucht.

 
Kontakt: Dr. Corinna Onnen-Isemann, Institut für Soziologie, Fachbereich Sozialwissenschaften, Tel.: 0441/798-2939, e-mail: onnen@hrz1.uni-oldenburg.de