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UNI-INFO
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UNI-INFO erscheint in der
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Redaktionsschluss: 15. des Vormonats.
Mit Namen gekennzeichnete Artikel
geben nicht unbedingt die Meinung
der Redaktion, sondern die persönliche
Meinung der VerfasserInnen wieder.
D
as Interdisziplinäre Forschungszen-
trum für den Entwurf sicherheits-
kritischer soziotechnischer Systeme
(„Interdisciplinary Research Center
for Critical Systems Engineering for
Socio-Technical Systems“) hat im Juli
seine Arbeit offiziell aufgenommen.
Das Land Niedersachsen stellt als An-
schubfinanzierung fünf Millionen Euro
zur Verfügung. Kooperationspartner
sind das Oldenburger Informatikinstitut
OFFIS, das DLR-Institut für Verkehrs-
systemtechnik in Braunschweig und
das Kompetenznetzwerk SafeTRANS.
„Oldenburg hat eine führende Rolle bei
der Erforschung sicherheitskritischer
Systeme in Europa“, so Prof. Dr. Werner
Damm, Informatiker und Sprecher des
Forschungszentrums. „Erst durch die
Einbeziehung des ‚Faktors Mensch‘
in die Forschung gelingt es, Verkehrs-
systeme wirklich sicher zu gestalten.“
Das ausgeprägte Interesse der Industrie
belege die wirtschaftliche Bedeutung
dieser Forschung.
Im Mittelpunkt des Interesses steht die
Rolle des Menschen bei der Beherr-
schung komplexer Verkehrssysteme auf
dem Land und dem Wasser. Um Ge-
fährdungen für Mensch und Umwelt zu
reduzieren, untersuchen Informatiker
gemeinsam mit WissenschaftlerInnen
aus den Bereichen Neurokognition, ko-
gnitive Psychologie und Meerestechnik
das Zusammenspiel von Mensch und
Technik. Ein Schwerpunkt dabei ist der
Aufbau von Infrastrukturen, um neue
Anwendungen in realen Umgebungen
zu erproben. Im Automotive-Bereich
geschieht dies zusammen mit der An-
wendungsplattform Intelligente Mobili-
tät (AIM) des DLR. Und im maritimen
Bereich durch den Aufbau einer For-
schungsplattform in der Wesermündung
für maritime Verkehrs- und Umwelt-
überwachung.
Die Errichtung dieser Plattform wird
unterstützt vom Fachbereich Seefahrt
der Jade Hochschule in Elsfleth. Im dor-
tigen Maritimen Forschungszentrum soll
eine experimentelle Verkehrsleitzentrale
aufgebaut werden, zudem ist ein gemein-
sames Promotionsprogramm für „Sichere
automatisierte maritime Systeme“ ge-
plant. Prof. Dr. Axel Hahn, der den Be-
reich Maritime Systeme leitet, sieht hier
„einen wichtigen Beitrag zur Innovation
im Bereich elektronischer Unterstützung
des Seeverkehrs, für den die Forschungs-
einrichtung bestens aufgestellt ist.“ (mr)
Verkehrssysteme sicher gestalten
Forschungszentrumwidmet sich dem Zusammenspiel von Mensch und Technik
E
lektronische Innenohrprothesen sind
eine große Hoffnung für Gehörlose
und hochgradig schwerhörige Menschen.
Sie führen allerdings nicht in jedem Fall
zum Erfolg. Eine bessere Abschätzung
ihres Nutzens versprechen Forschun-
gen der Arbeitsgruppe Neurogenetik
unter Leitung von Prof. Dr. Hans Gerd
Nothwang. Ihre neuesten Ergebnisse
sind jetzt im renommierten Journal of
Biological Chemistry erschienen.
Der Verlust des Taubheitsgens Cacnad
bringt nicht nur die Funktion des Innenohrs
zumErliegen, sondern beeinträchtigt auch
die zentralnervöseVerarbeitung von akus-
tischer Information erheblich – das konn-
ten die OldenburgerWissenschaftlerInnen
bereits vor einem Jahr nachweisen. Einen
solchen Defekt können Hörhilfen noch
nicht kompensieren. „Ob Störungen der
zentralnervösen Hörbahn durch Taub-
heitsgene häufiger vorkommen als bislang
angenommen, ist eine klinisch sehr re-
levante Frage. Um sie zu beantworten,
haben wir zunächst das genetische Pro-
gramm eines für die Hörbahn wichtigen
Gehirnbereichs untersucht. Dieses haben
wir dann mit dem des Innenohrs verg-
lichen“, erläutert Nothwang.
Dabei arbeiteten die Wissenschaft-
lerInnen mit Prof. Dr. Olaf Bininda-
Emonds zusammen, der als Oldenburger
Hochschullehrer für Molekulare Syste-
matik Erfahrung mit der Auswertung
großer Datenmengen hat. Mit seiner
Unterstützung konnten die Hörforscher
eine wichtige Klasse von Genen identi-
fizieren, die die Expression von Genen
ermöglichen und beeinflussen.
Die Analysen ergaben: Es besteht ein
enger Zusammenhang zwischen dem
genetischen Programm des Innenohrs
und der Hörbahn. „Besonders wichtig ist
dabei der Befund, dass zahlreiche Gene,
die mit Taubheit im Innenohr assoziiert
sind, auch in der Hörbahn stark expri-
miert sind und dort wahrscheinlich eine
wichtige Funktion wahrnehmen“, erklärt
Nothwang. Statistische Analysen, die die
Hörforscher mit Hilfe der Arbeitsgruppe
„Computerorientierte theoretische Phy-
sik“ von Prof. Dr. Alexander Hartmann
durchführten, ergaben: Taubheitsgene in
der Hörbahn zeigten im Vergleich zum
Gesamthirn eine statistisch signifikant
erhöhte Genexpression.
„Diese Ergebnisse stützen unsere Hy-
pothese, dass Taubheitsgene auch für
den zentralnervösen Hörprozess eine
äußerst wichtige Funktion erfüllen“, so
Nothwang. Von einem vertieften Ein-
blick in die Funktionen von Taubheits-
genen verspricht sich Nothwang daher
einen besseren Einsatz von Hörhilfen.
Technologische Fortschritte in der hu-
mangenetischen Diagnose würden es
in absehbarer Zeit ermöglichen, für Pa-
tientInnen mit Hörstörung die jeweils
zugrunde liegende genetische Mutation
zu identifizieren. In Verbindung mit
Daten zur Funktion der einzelnen Gene
könne dann abgeschätzt werden, welche
Defizite in der Hörbahn vorlägen. Dies
stelle einen wichtigen Schritt zu einer in-
dividuell zugeschnittenen Therapie dar.
„Im Graduiertenkolleg ‚Molekulare
Basis sensorischer Biologie’ sowie im
Exzellenzcluster Hearing4all werden wir
daher verstärkt unsere Untersuchungen
zur Funktion von Taubheitsgenen in der
Hörbahn fortsetzen“, betont Nothwang.
Diese Untersuchungen seien eine ideale
Ergänzung zu weiteren Projekten des Ol-
denburger Exzellenzclusters, bei denen
es unter anderem um die Fortentwick-
lung von zentralnervösen Implantaten
geht. (mr)
Hörimplantate: Auf demWeg
zur individuellen Therapie
Taubheitsgene erfüllen wichtige Funktion für den Hörprozess
D
aniel Kehlmanns „Die Vermes-
sung der Welt“ oder Ian McEwans
„Solar“: Das sind viel gelesene Wissen-
schaftsromane. Doch warum sind sie
eigentlich so erfolgreich? Wie treffen
Wissenschaft und Gesellschaft im Ro-
man aufeinander? Welches Bild von
Naturwissenschaft wird in der moder-
nen Wissenschaftsliteratur vermittelt?
Helfen uns solche Romane gar, aktuelle
Probleme wie Plagiate, Datenfälschung
und Whistle-Blowing zu verstehen?
Fragen, denen sich Wissenschaftler
und Schriftsteller gemeinsam in einem
Verbundprojekt der Universitäten Bre-
men und Oldenburg sowie des Hanse-
Wissenschaftskollegs Delmenhorst
widmen.
„Fiction Meets Science: The World of
Science under the Literary Microscope”
heißt das Projekt, das die Volkswagen-
Stiftung in den kommenden drei Jahren
mit mehr als 770.000 Euro fördert.
An der Universität Oldenburg ist Prof.
Dr. Anton Kirchhofer leitend an dem
Projektverbund beteiligt. Der Hoch-
schullehrer für Englische Literaturwis-
senschaften forscht insbesondere zur
Frage, wie menschliche Problematiken
in neuen Wissenschaftsromanen the-
matisiert werden, sowie zum Echo, das
diese Romane und ihre Inhalte in den
Naturwissenschaften finden.
Ziel der literatur- und sozialwissen-
schaftlichen Ansätze ist es, die Verwis-
senschaftlichung der Gesellschaft zu
analysieren und die naturwissenschaft-
liche Wissensproduktion im Roman zu
beleuchten. Ausgewählte internationale
Schriftsteller erhalten zudem als „teil-
nehmende Beobachter“ Einblicke in
aktuelle naturwissenschaftliche For-
schungsthemen wie beispielsweise Kli-
mawandel oder Gehirnforschung. (tk)
Wenn Fiktion auf
Wissenschaft trifft
Projekt zum Erfolg von Wissenschaftsliteratur
D
er erste Bericht der Wissenschaft-
lichen Kommission Niedersach-
sen zur Genderforschung fällt positiv
aus. „Bemerkenswert und innovativ“,
so stufen die Autoren die Universität
Oldenburg ein. Die Gütekriterien ba-
sieren auf einer im Jahr 2011/12 durch-
geführten Evaluation, die das Nieder-
sächsische Wissenschaftsministerium
(MWK) in Auftrag gegeben hatte.
Die Ergebnisse sind nun Thema einer
Konferenz, die das Zentrum für inter-
disziplinäre Frauen- und Geschlech-
terforschung (ZFG) veranstaltet – in
Kooperation mit der Landesarbeits-
gemeinschaft der Einrichtungen für
Frauen- und Geschlechterforschung
in Niedersachsen (LAGEN).
„Aktuelle Perspektiven und Ent-
wicklungen der Genderforschung in
Niedersachsen“ lautet der Titel der
Konferenz. ReferentInnen diskutie-
ren mögliche Konsequenzen aus der
Evaluation sowie die Herausforde-
rungen für die Genderforschung und
Gleichstellungspolitik. Außerdem
stellen sich die bislang berufenen
ProfessorInnen des Maria-Goeppert-
Mayer-Programms des MWK vor.
Der Bericht der Wissenschaftlichen
Kommission zeigt: In Niedersach-
sen gibt es eine interdisziplinär breit
aufgestellte Gender-Forschungs-
landschaft, in der die Universität
Oldenburg besonders ausgewiesen
ist. Hier gebe es eine gut etablierte
Geschlechterforschungstradition und
eine institutionelle Struktur, die das
ZFG bereitgestellt habe.
Wann: 19. Oktober, 10.00 bis 18.00
Uhr; Anmeldung bis 10. Oktober
per E-Mail:
Wo: Campus Haarentor, A14
Positiv evaluiert
Genderforschung: Konferenz zu Perspektiven
Drei zusätzliche
Professorinnen
O
ldenburg und sechs weitere Hoch-
schulen Niedersachsens waren auch
in der zweiten Phase des Professorinnen-
programms von Bund und Ländern er-
folgreich: Die Universität kann nun bis
zu drei zusätzliche Professorinnen beru-
fen. Dafür erhält sie fünf Jahre lang eine
Anschubfinanzierung von bis zu 150.000
Euro jährlich für jede Professur. „Mit
unserem Programm ‚Professorinnen für
Niedersachsen’, das aus demNiedersäch-
sischen Vorab gespeist wird, stellen wir
zusätzlich drei Millionen Euro bereit, um
besonders qualifizierte Professorinnen
zu gewinnen“, erläuterte Wissenschafts-
ministerin Dr. Gabriele Heinen-Kljajic.
Bereits in der ersten Phase des Profes-
sorinnenprogramms war Niedersachsen
sehr erfolgreich und konnte im Bun-
desvergleich einen überproportionalen
Anteil von rund 15 Prozent an den bereit-
gestellten Fördermitteln erzielen.
Welche Defizite liegen in der Hörbahn vor? Mit einem besseren Verständnis der Taubheitsgene hoffen die Forscher, Hörhilfen künftig
individueller einsetzen zu können.
Foto: iStockphoto/nicolas_
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