40. Jahrgang
Nummer 7
Oktober 2013
www. p re s s e. un i - o l denbu rg. de / un i - i n f o
UNI-INFO
„Für radikal kritische Darsteller
gab und gibt es im Deutschen den
hässlichen Ausdruck des Nestbe-
schmutzers, der meist die trifft, die
das Nest bereinigen wollen.“
Fritz Stern (*1926),
amerikanischer Historiker
deutscher Herkunft
Zitat
M
it einem Festakt im Oldenbur-
ger Landtag ist im September das
Karl Jaspers- Haus eröffnet worden.
Den Festvortrag mit dem Titel „Auf Jas-
pers’ Spuren – oder vom Denken über
die Grenzen der Fächer hinaus“ hielt
der ehemalige Präsident der Deutschen
Forschungsgemeinschaft (DFG), Prof.
Dr. Wolfgang Frühwald (Auszüge aus
der Festrede auf Seite 6).
„Das Karl Jaspers-Haus verdeutli-
cht die hochkarätige Forschung und
die langjährigen Bemühungen der
Universität um Karl Jaspers. Mit sei-
ner einzigartigen Infrastruktur ist es
ein Kleinod der geisteswissenschaft-
lichen Forschung“, erklärt Prof. Dr.
Gunilla Budde, Vizepräsidentin und
Vorstandsmitglied der Karl Jaspers-
Gesellschaft. Die außergewöhnliche
Vorgeschichte des Hauses zeige, wie
es gelingen könne, das gedankliche
Erbe eines aus Oldenburg stammen-
den, weltberühmten Gelehrten institu-
tionell aufzunehmen und mit Gewinn
für Universität, Stadt und Region wei-
terzuführen.
Die Villa im Dobbenviertel wurde in-
nerhalb der letzten zwei Jahre mit Mit-
teln der EWE AG restauriert und einge-
richtet. Sie beherbergt die 12.000 Bände
umfassende Bibliothek Karl Jaspers’.
Das Haus ist Sitz der im vergangenen
Jahr gegründeten Karl Jaspers-Gesell-
schaft e.V. und der EWE Stiftung. Teil
des Hauses sind moderne Arbeitsplätze
und zwei Wohnungen im Obergeschoss
für GastwissenschaftlerInnen, die über
den berühmten Psychiater und Philo-
sophen forschen.
„Das Karl Jaspers-Haus soll ein Ort
sein, an dem Jaspers’ zentrale Perspek-
tiven des fächerübergreifenden Den-
kens im internationalen Verbund neu
bedacht und diskutiert werden“, sagt
Prof. Dr. Matthias Bormuth, Inhaber der
Heisenberg-Professur für Vergleichende
Ideengeschichte und Vorsitzender der
Karl Jaspers-Gesellschaft. Es biete Ol-
denburg eine hervorragende Möglich-
keit, den Dialog der Wissenschaften im
geisteswissenschaftlichen Horizont zu
fördern und der interessierten Öffent-
lichkeit mit Vorträgen, Tagungen und
Publikationen zu vermitteln.
Ausgangspunkt für die Bemühungen
um das Jaspers-Haus war das interna-
tional beachtete „Jaspers-Jahr 2008“,
das die Universität Oldenburg zum 125.
Geburtstag des Oldenburger Psychiaters
und Philosophen veranstaltete. „Dieses
Jahr gab den Impuls, das fächerüber-
greifende Denken Jaspers’ als beleben-
des Element für Universität und Stadt zu
erhalten und weiter zu pflegen“, so Prof.
Dr. Reinhard Schulz, Geschäftsführer
der Karl Jaspers-Vorlesungen zu Fragen
der Zeit und Wissenschaftlicher Leiter
des „Jaspers-Jahres 2008“.
Anschließend gelang es der Universi-
tätsbibliothek, Jaspers’ Bibliothek mit
finanziellen Mitteln der Stiftung Nieder-
sachen und der EWE AG zu erwerben
und für die Forschung nach Oldenburg
zu holen. Dr. Dr. h.c. Hans Saner, Jas-
pers’ letzter persönlicher Assistent, be-
treute die Bibliothek über Jahrzehnte in
Basel. „Die Arbeitsbibliothek Jaspers’
bietet optimale Arbeitsbedingungen. So
ermöglicht der spezielle Online-Katalog
für die über 12.000 Bände Rückschlüsse
auf Jaspers´ Arbeitsweise“, erklärt Hans-
Joachim Wätjen, Direktor der Universi-
tätsbibliothek und verantwortlich für die
Katalogisierung der Jaspers-Bibliothek.
Daraufhin bewilligte im November
2011 die „Gemeinsame Wissenschafts-
konferenz“ des Bundes und der Länder
(GWK) das Projekt „Kommentierung
und Gesamtedition der Werke von Karl
Jaspers sowie Edition der Briefe und
des Nachlasses in Auswahl“. Die Ge-
samtausgabe wird seit 2012 unter der
Federführung der Heidelberger Akade-
mie der Wissenschaften in Kooperation
mit der Baseler Karl-Jaspers-Stiftung
an den Universitäten Heidelberg und
Oldenburg erstellt. Das mit fünf Mil-
lionen Euro gefördert Projekt ist auf
18 Jahre angelegt und soll mehr als 50
Bände umfassen. In Oldenburg ist eine
von vier Forschungsstellen angesiedelt;
Mitherausgeber der Gesamtausgabe ist
der Oldenburger Philosoph Prof. Dr.
Reinhard Schulz. (tk)
„Ort fächerübergreifenden Denkens“
Karl Jaspers-Haus nach umfangreicher Sanierung eröffnet / Jaspers’ Bibliothek umfasst 12.000 Bände
D
er deutsch-amerikanische Hi-
storiker Prof. Dr. Dr. h.c. mult.
Fritz Stern wird von der Fakultät IV
Human- und Gesellschaftswissen-
schaften mit der Ehrendoktorwürde
ausgezeichnet. Mit Stern ehre man
einen der bedeutendsten Historiker,
Schriftsteller und kritischen Deuter
der Zeit, dessen überragende wis-
senschaftliche Leistungen weit über
Fächergrenzen hinweg Anerkennung
fänden, so die Begründung der Fa-
kultät.
Stern, der 1926 in Breslau gebo-
ren wurde, und als Emeritus an der
Columbia University in New York
tätig ist, kann aus gesundheitlichen
Gründen nicht persönlich an der
Feierstunde teilnehmen. Die Lau-
datio zur Verleihung der Ehrendok-
torwürde hält der Sozialhistoriker
und Vizepräsident der Berlin-Bran-
denburgischen Akademie der Wis-
senschaften, Prof. Dr. Dr. h.c. mult.
Jürgen Kocka.
Einen Tag später findet zu Ehren
Fritz Sterns ein wissenschaftliches
Symposium statt: Prof. Dr. Krzystof
Ruchniewicz, Direktor des Willy-
Brandt-Zentrums für Deutschland-
und Europastudien der Universität
Breslau (Polen), spricht über „Fritz
Stern zwischen Deutschland, Polen
und den USA“. Prof. Dr. Gangolf
Hübinger, Hochschullehrer für Ver-
gleichende Kulturgeschichte an der
Universität Frankfurt/Oder, hält den
Vortrag „Fitz Stern als transatlan-
tischer Ideenhistorikers“. Anschlie-
ßend findet ein von Vizepräsidentin
Prof. Dr. Gunilla Budde moderiertes
Podiumsgespräch mit Ruchniewicz
und Hübinger statt.
Wann: 17. Oktober, 17.00 Uhr
(Feierstunde); Freitag, 18. Oktober,
11.00 Uhr (Symposium)
Wo: Campus Haarentor,
Bibliothekssaal (Feierstunde);
BKGE, Johann Justus Weg 147a,
Tagungssaal (Symposium)
Fritz Stern erhält
Ehrendoktorwürde
E
s ist benannt nach einer griechi-
schen Windgottheit, die den milden
Westwind verkörpert: Zephyr, das neue
Forschungsboot des Instituts für Che-
mie und Biologie des Meeres (ICBM)
Universitätspräsidentin Prof. Dr. Ba-
bette Simon hat es im September im
Oldenburger Hafen getauft. Das Boot
ergänzt neben den Schiffen Otzum und
Navicula die ICBM-Forschungsflotte.
Durch seinen Tiefgang von nur 30 Zen-
timetern ist es besonders für Einsätze
im Niedrigwasser des Wattenmeers und
in Küstennähe geeignet.
„Das ICBM liefert mit seiner interna-
tional beachteten Umwelt- und Mee-
resforschung einen wichtigen Beitrag
zum Erhalt der Küsten“, so Simon.
Die Zephyr biete eine wichtige For-
schungsinfrastruktur, auf die das ICBM
angewiesen sei, um anspruchsvolle
Fragen beantworten und international
anschlussfähige Forschung betreiben
zu können. Die Verfügbarkeit eines sol-
chen Schiffs sei auch ein wichtiger und
wertvoller Zugewinn für das besonders
ausgewiesene forschungsorientierte
Studium im Bereich der Umwelt- und
Meeresforschung, zum Beispiel in den
Studiengängen Marine Umweltwissen-
schaften oder Marine Sensorik.
Die Feltz-Werft in Hamburg baute das
siebeneinhalb Meter lange und zweiein-
halb Meter breite Forschungsboot, das
Platz für fünf Personen bietet. Ein 150 PS
starker Außenbord-Motor treibt die Ze-
phyr mit einer Höchstgeschwindigkeit
von bis zu 20 Knoten (37 km/h) an.
Ausgestattet ist das Forschungsboot mit
drei Messarbeitsplätzen sowie mit mo-
dernsten Forschungsinstrumenten. Am
Heck der Zephyr befindet sich ein Ge-
räterahmen, der Messungen mit speziell
entwickelten Sonden oder Sidescan-
Sonar erlaubt. Mit einem Kranausle-
ger können Wasserproben mit einem
Kasten- oder Kranzwassergreifer in bis
zu 50 Metern Wassertiefe entnommen
werden. Und durch einen sogenannten
„Moonpool“, ein Schacht im Rumpf
des Schiffs, lassen sich Messsonden
während der Fahrt einsetzen.
„Die Zephyr ist ein außerordentlich
wendiges und schnelles Forschungs-
boot. Mit ihm können wir innerhalb
kürzester Zeit an unterschiedlichen
Orten, zu unterschiedlichen Tiden und
bei unterschiedlichen Wettersituationen
Messdaten erheben“, erklärt Prof. Dr.
Oliver Zielinski, Hochschullehrer für
Marine Sensorsysteme an der Univer-
sität.
Das Einsatzgebiet der Zephyr reicht
von der Ems bis zur Elbe, Hauptein-
satzorte sind jedoch das Wattenmeer
und der Jadebusen. Mit dem Boot kön-
nen Messdaten erhoben werden, die
Aufschluss über den Transport von
Sedimenten und Nährstoffen in den
Seegatten – die Strömungsrinnen zwi-
schen Inseln – geben. So gehen die
WissenschaftlerInnen unter anderem
der Frage nach, ob das Wattenmeer
mehr Nährstoffe aus der Nordsee zieht
oder verstärkt Nährstoffe an diese ab-
gibt. Die Interaktion des Wattenmeers
zwischen Land und offener Nordsee
sei momentan noch wenig erforscht,
betont Zielinski. „Wir erhoffen durch
den Einsatz der Zephyr Messdaten
zu erhalten, die es ermöglichen, den
Massentransport zu bilanzieren, und so
den Küstenschutz in Zeiten des Klima-
wandels voranzutreiben.“ (tk)
Den Küstenschutz vorantreiben
„Zephyr“: Neues ICBM-Forschungsboot imWattenmeer unterwegs
Klitzing-Preis
Z
um neuntenMal
verleihen die
Universität und die
EWE Stiftung den
Klaus-von-Klitzing-
Preis für engagierte
Lehrerpersönlich-
keiten der MINT-
Fächer Prof. Dr.
Klaus von Klitzing (Foto), Nobelpreis-
träger und Namensgeber des Preises,
überreicht die Auszeichnung persönlich
im Alten Gymnasium. Die Festrede mit
dem Titel „Wie wächst der Mensch in
die digitale Welt hinein?“ hält Fabian
Hemmert, Experte für Technik, Internet
und Telekommunikation. Die Jury, der
neben von Klitzing VertreterInnen der
Universität, der EWE Stiftung und der
Karl Heinz Beckurts-Stiftung angehö-
ren, lagen insgesamt 42 Bewerbungen
aus dem gesamten Bundesgebiet vor.
Den Klitzing-Preis erhielten bisher:
Rudolf Lehn (Bad Saulgau), Dr. Bri-
gitte Heink (Leipzig), Klaus-Peter
Haupt (Kassel), Dr. Markus Ziegler
(Spaichingen), Erich Welschehold (Wil-
helmshaven), Dr. Hans-Otto Carmesin
(Stade), Dr. Dahlia Fischer (Laden-
burg), Dr. Friedrich Lütke Twenhöven
(Husum) und Gisela Döbbeling (Heidel-
berg). Anmeldung zur Preisverleihung:
Wann: 22. November, 17.00 Uhr
Wo: Altes Gymnasium
Vorträge und Tagungen: Jaspers-Experten wollen im neuen Haus die Öffentlichkeit für den Dialog der Wissenschaften begeistern.
Foto: Daniel Schmidt
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